Der Erfolgsneid nagt immer und überall

Kann Neid im Job schaden, oder auch vorwärts bringen? Die vielen Facetten einer unerwünschten, zutiefst menschlichen Gefühlsregung. Kleine Ungerechtigkeit – große Wirkung. Nagt der Neid, katapultieren sich selbst gut ausgebildete, in allen Social Skills gecoachte Menschen zurück auf das geistige Niveau ihrer Sandkastentage. Allein die Annahme, der Kollege könne mehr verdienen, öfter auf Urlaub gehen oder vom Chef mehr Aufmerksamkeit bekommen, reicht aus, um das giftige Gefühl vom Bauch in den Kopf steigen zu lassen. Als Kind war die Strategie dagegen einfach: Laut plärrend den Unmut über die vermeintliche Ungerechtigkeit kundtun. Im Büro-Alltag kaum möglich. Was nicht bedeutet, dass der Neid einfach verschwindet. Er sucht sich nur erwachsenere – fiesere – Ventile. Denn Neid holt das Schlechteste aus den Menschen heraus, gerade im Job: Laut einer deutschen Studie sind 60 Prozent aller Mobbingfälle durch Neid motiviert.Wohin also mit einem zutiefst menschlichen, aber doch unerwünschten Gefühl? „Neid ist eine ganz quälende Sache. Und unsere Kultur des Raubtierkapitalismus fördert den Neid, spaltet die Gesellschaft massiv auf“, erklärt Trigon-Berater und Psychologe Werner Leeb. Heute mehr denn je: Ob Manager-Gagen oder Reichensteuer – das Thema Neid wird zur „Sozialneid-Debatte“. Die Krux des Vergleichens Seine Wurzel findet das üble Gefühl laut Leeb im Bedürfnis zum Vergleich: „Er ist der Tod des Glücks“, zitiert Leeb. Denn: Die meisten von uns verfügen nicht über ein genügend großes Selbstwertgefühl, um dem Vergleich standzuhalten. Und wer sich unterlegen und vom Schicksal betrogen fühlt, kann sich der Neidgefühle kaum wehren. Interessanterweise hegen wir diese meist gegen Menschen die uns nahestehen. Das heißt: Die Sekretärin giftet sich über den tollen neuen Sessel der Kollegin mehr als über die hohen Gagen der Vorstandsdirektorin. Oft ein Grund für Neid: Erfolg. Wenn etwa in einen eingeschlafenen Beamtenstadl ein junger Wilder kommt, der massig Motivation zeigt, ist er die ideale Zielscheibe für Neid. Lässt sich der Person fachlich nichts vorwerfen, drückt sich dieser eben subtiler aus: In schlechtem Gerede, Gerüchte-Streuen oder Mobbing. Geht es um den Hang der Österreicher zum Erfolgsneid, fällt schnell der Vergleich zu den USA. So auch bei Leeb: „In den USA wird Erfolg vordergründig bewundert, Erfolgreiche werden als Vorbilder genommen. Bei uns unterstellt man sofort, dass er nicht mit sauberen Mitteln erzielt wurde.“ Allerdings: In Studien lässt sich nicht belegen, dass Amerikaner weniger neidisch sind. Kein Neid, kein Antrieb? Allen negativen Seiten zum Trotz – ganz neidfrei würde eine Gesellschaft auch nicht funktionieren. Der Volksmund definierte Neid „als die höchste Form der Anerkennung“ und hat nicht unrecht. Wer viele Neider hat, hat es meist weit gebracht. „Ich halte Neid im positiven Sinn für einen wichtigen Motivationsfaktor, um sich selbst voranzubringen“, sagt auch Jobcoach Sigrid Tschiedl. Gerade die Business-Welt ist auf den Ehrgeiz der Einzelnen angewiesen. Wird der unterbunden – etwa dadurch, dass keine Aufstiegschancen geboten werden – macht sich ein lähmendes Gefühl breit. Für Unternehmen, die erfolgreich sein wollen, fatal. Anerkennung für alle Es heißt also, den Ehrgeiz am Leben zu erhalten ohne den Neid zu fördern. Wie? „Die Führungskraft muss deutlich machen, dass es genug Anerkennung und Aufmerksamkeit für alle gibt, denn darum geht es bei Neid“, weiß Lydia van der Brugge, Österreich Direktorin des Leadership Institutes FranklinCovey. Manager müssen also genau bedenken, wie sie ihre Belohnungssysteme oder ihre Beförderungsmodelle organisieren, um Neid im Team zu verhindern. Denn, so van der Brugge: „Eine neidvolle Zusammenarbeit ist kannibalisierend. Sie setzt eine Abwärtsspirale in Gang.“ Fällt dem Chef ein Problem stiftender Neider im Team auf, so „soll er diesem neue Blickwinkel und Wege aufzeigen. Ein Paradigmenwechsel hilft bei Problemen oft, denn Neid ist eine Frage der Einstellung“. Das heißt: Steigert man das Selbstbewusstsein fällt es leichter, sich über Erfolge der anderen nicht grün zu ärgern. Aus:Kurier.at

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