Die Nervosität wird langsam immer größer

Um diesen Sport auszuüben, muss man hart sein, Schmerzen ertragen können und nicht selten über körperliche Grenzen gehen. Ein Männersport eben. Caroline Heimann und Stefanie Kuropka können da nur müde lächeln. Beide trainieren seit dreieinhalb Jahren bei der Boxabteilung der SG Chemie Bitterfeld. Für die Gymnasiastinnen ist Boxen keine Sportart, die nur Männer ausüben können. „Sicher ist der Boxsport hart“, räumt Stefanie Kuropka ein, „aber es ist ein Supergefühl, wenn man nach dem Training völlig erschöpft in der Umkleidekabine sitzt und weiß, dass man etwas für seinen Köper und seine Fitness getan hat.“
Die 16-jährige Stefanie Kuropka und die 17-jährige Caroline Heimann kennen sich schon seit Kindergartenzeiten und sind seither beste Freundinnen. So wuchs auch der Wunsch, Sport zu treiben, gemeinsam. „Wir wollten gern Sport machen, am besten Kampfsport“, erzählt Kuropka, und Heimann fügt an: „Wir wollten unseren Freunden und Bekannten zeigen, dass wir nicht nur die lieben, netten und braven Mädels sind.“ Im Internet informierten sie sich über die Möglichkeiten in ihrer näheren Umgebung, Kampfsport zu betreiben. Als sie sich dann für die Boxabteilung Chemie Bitterfelds entschieden hatten, war aber noch keine Lösung für das größte Problem gefunden: die Überredung der Eltern. „Die waren alles andere als begeistert, als wir ihnen von unserem Plan erzählten“, sagt Kuropka.

Doch die beiden Sandersdorferinnen blieben hartnäckig, lagen ihren Eltern täglich in den Ohren, bis diese schließlich nachgaben. „Die waren sich sicher, dass wir nach spätestens zwei Monaten von alleine aufhören“, erinnert sich Heimann. Doch aus zwei Monaten sind nun schon dreieinhalb Jahre geworden. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Kuropka und Heimann sind süchtig nach Boxen. Sie lieben die Herausforderung. Die Schmerzen nehmen sie hin. Nasenbluten und blaue Flecken gehören zum Boxen dazu. Blessuren erschrecken die beiden nicht mehr. Ein durchaus unübliches Selbstverständnis für immer noch Heranwachsende.

Auch der Freundeskreis der Nachwuchsathletinnen hat sich an das eher ungewöhnliche Hobby gewöhnt. Ab und an kommen zwar Sprüche, aber damit können Heimann und Kuropka umgehen. „Unsere Freunde und Bekannten hätten nie gedacht, dass wir das mit dem Boxen durchziehen“, sagt Kuropka, „sie respektieren uns.“ Das Boxtraining hat die Teenager nicht nur körperlich fit gemacht. Sie haben auch ein neues Selbstvertrauen entwickelt. „Wir sind auch im Kopf stärker geworden“, erzählt Kuropka. Die meisten Jugendlichen achten sehr darauf, wie sie auf andere wirken. Das tun Heimann und Kuropka auch, aber sie würden sich nie verbiegen. „Wir stehen zu dem, was wir machen und wissen, wie wir uns verteidigen können“, sagt Kuropka, die damit nicht das Verteidigen mit den Fäusten meint. Beim Boxtraining sind sie die einzigen Mädchen.
Dennoch oder vielleicht gerade deshalb haben sie ein sehr enges Verhältnis zu ihren Trainern. „Wir sind da wie eine große Familie“, freut sich Heimann, „wenn wir Probleme haben, auch abseits des Boxens, finden wir im Verein immer einen Ansprechpartner.“ Vor Kämpfen wird das Verhältnis zwischen Boxerin und Trainer noch intensiver. Einzeltrainings und Trainingslager werden genutzt, um optimal vorbereitet in den Kampf zu gehen. Vom 7. bis 10. Juli sind Stefanie Kuropka und Caroline Heimann in Wismar erstmals bei der Deutschen Meisterschaft der Frauen dabei. Kuropka wird in der Gewichtsklasse bis 66 Kilogramm antreten, Heimann in der bis 57 Kilogramm. Ein konkretes Ziel geben die mehrfachen Landesmeisterinnen nicht aus. „Ein Platz unter den ersten Fünf wäre toll, aber wir werden einfach boxen, Spaß haben und dann sehen, was möglich ist“, ist Heimann locker. Dennoch wächst derzeit die Nervosität. Aber Entspannung finden beide beim Musikhören und in der Badewanne.
Von: Marcus Bräuer
Aus:mz-web.de

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