Die unglaubliche Reise des Joachim Laupp

Mitten in Düsseldorf lebt und lehrt einer der höchstdekorierten Karate-Meister der Welt. Wer bei Joachim Laupp mit der fernöstlichen Kampfkunst in Berührung kommt, der lernt „keinen Sport, sondern einen Lebensweg“. Diese Wandlung hat Laupp selbst auf außergewöhnliche Weise erfahren.

Es ist eine Geschichte von einem Lottogewinn, einer viertägigen Reise auf eine entlegene Insel, Entbehrungen, Mut und vor allen Dingen viel Durchhaltevermögen.
Okinawa Shorinryu Shidokan Karatedo – so nennt sich die Stilrichtung, von der Joachim Laupp schon früh in ihren Bann gezogen wurde. „Das Universum hat es gut mit mir gemeint“, erklärt der Lehrmeister, wenn er an die Zeit zurückdenkt, die sein Leben nachhaltig geprägt hat.
„Ich dachte, ich wäre ein Star“
Mit zwölf Jahren kam Laupp zum Karate, zehn Jahre später war er Deutscher Meister und Europameister. „Ich dachte, ich wäre ein Star“, erinnert sich Laupp. Doch sein Wunsch war von jeher, am Ursprungsort – der südjapanischen Insel Okinawa – seine Kunst zu verbessern. Für den Fall, dass er jemals viel Geld besäße, wollte er dorthin reisen.
Die Möglichkeit bot sich schneller als gedacht. Laupp gewann 20.000 Mark im Lotto und zögerte keinen Moment. Mit dem Scheck in der Hand fuhr er zum Reisebüro und buchte den Flug. Drei Tage später war er unterwegs. Von Frankfurt aus ging es über London weiter nach Anchorage in Alaska, bevor er in Osaka erstmals japanischen Boden berührte. Der Weiterflug nach Okinawa verzögerte sich durch einen Taifun, aber vier Tage nach der Abreise traf er endlich an seinem Zielort ein.
Doch Laupp gönnte sich keinen Moment der Ruhe. Er hatte einen Traum: In die Schule des Großmeisters Miyahira, des Oberhauptes des Okinawa Karate zu gehen. „Das war eine Idealvorstellung. Ich hätte nicht geglaubt, dass es in die Tat umgesetzt werden könnte“, erinnert sich Laupp. Denn Miyahira nahm keine Ausländer als Schüler auf. Der Deutsche probierte es dennoch und suchte sofort einen ihm bekannten Karate-Meister auf, mit der Bitte, bei Miyahira für ihn vorzusprechen.

„Ich habe gemerkt, wie klein ich eigentlich bin“
Sieben Stunden nach seiner Ankunft auf Okinawa stand Joachim Laupp seinem Idol gegenüber. Das Training begann. „Ich habe gemerkt, wie klein ich eigentlich bin“, sagt der in Europa mit Titeln überhäufte Athlet. Er ging in eine harte Schule. Ging jeden Tag zu Fuß 7,5 Kilometer zum Dojo – der Übungshalle – Miyahiras und wieder zurück. Und das zwei Mal täglich.
Als ihm ein Freund ein Fahrrad schenkte, musste es der Schüler aus Deutschland „teilweise mit den Ellbogen schieben, weil ich es nicht mehr halten konnte.“ Geschlafen hat er auf Reisstrohmatten. Nicht nur einmal war er kurz davor, seine Sachen zu packen und abzureisen.
Doch Laupp blieb ein halbes Jahr, hielt die Strapazen durch und kehrte als veränderter Mensch zurück. „Ich ging als Kampfsportler und kam als Kampfkünstler wieder“, erklärt Laupp, der in seiner Zeit in Japan den Rang des 4. Dan erreichte. Mittlerweile ist er 8. Dan, sein nun 93-jähriger Lehrmeister Miyahira hat den Rang des 10. Dans erreicht – höher geht es nicht mehr.
Der Deutsche – unter den Meistern des Okinawa-Karates ein wahrer Exot, bekam den Auftrag, die Stilrichtung in Deutschland zu verbreiten. Mittlerweile betreibt er zehn Dojos in Europa. In Düsseldorf und seiner Heimatstadt Trier lehrt der 52-Jährige selbst. Dabei kann jeder bei ihm anfangen, der die nötige Motivation besitzt. Zwischen fünf und 74 Jahren bewegt sich das Altersspektrum seiner Schüler. Doch eins müssen sie direkt zu Beginn verinnerlichen. Gelehrt wird die Kampfkunst, der sportliche Wettkampfgedanke steht bei Joachim Laupp schon lange nicht mehr im Vordergrund.
Aus:rp-online.de
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