Gewinn durch Verzicht

Von Aschermittwoch bis Ostern üben sich viele Wohlstandsbürger in Genügsamkeit. Der Verzicht auf Süßes, Alkohol oder Computerspiele stärkt das Ego. Fastenzeit – das klingt zunächst nach reichlich unzeitgemäßer Askese. Und doch steigt die Zahl derer, die den Aschermittwoch als Stichtag nehmen, um das alltägliche Konsum- und Genussverhalten zu unterbrechen. Sie wollen während der knapp sieben Wochen bis Ostern auf etwas verzichten, das zur automatischen Gewohnheit oder sogar zum Laster geworden ist. Einer aktuellen Umfrage zufolge hat jeder zweite Bundesbürger schon einmal im Leben gefastet oder bewusst über längere Zeit auf Genussmittel verzichtet. Es muss nicht der katholische Klassiker „Fleischverzicht“ sein, oder das karge Heilfasten bei Wasser und Brühe. Zum modernen Fasten gehört auch, dem gewohnten Pils zum Feierabend, den regelmäßigen Stunden an der Spielekonsole oder der obligatorischen samstäglichen Shoppingtour zu entsagen. Egal welchen Luxus des Alltags jemand weglässt, der Effekt ist derselbe: Sich selbst zu bremsen kann sehr zufrieden machen, vielleicht sogar glücklich. „Freiwilliger Verzicht bedeutet vor allem eine mentale Reinigung. Er verhilft zu innerer Leichtigkeit und gibt Kraft für neue Vorhaben“, erklärt die Psychologin und Familientherapeutin Stefanie Arndt aus Potsdam. Wer den Verzicht erfolgreich absolviert, geht mit deutlich mehr Selbstwertgefühl durch die folgende Zeit – ganz nach dem Motto „Yes, we can“. Man muss die Askese ja nicht so weit treiben wie einige Menschen, die sich sogar in Frostzeiten die Heizung versagen – weil sie die spirituelle Erfahrung schätzen, sich den elementaren Herausforderungen der Natur zu stellen. Die „New York Times“ berichtete vor Kurzem über solche Totalverweigerer zivilisatorischer Bequemlichkeiten. Aus: focus.de

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