Heute vor 1147 Jahren wurde das erste Buch gedruckt

Das Diamant-Sutra (Sanskrit: वज्रच्छेदिकाप्रज्ञापारमितासूत्र Vajracchedikā-prajñāpāramitā-sūtra, chinesisch 金剛般若波羅蜜多經 / 金刚般若波罗蜜经, Pinyin jīngāng bōrěbōluómìduō jīng, jap. Kongō hannya haramitsu kyō, kurz: 金剛經 / 金刚经,  jīngāng jīng, jap. Kongō-kyō) zählt zu den wichtigsten Texten des Mahayana-Buddhismus und wurde etwa im 1. Jahrhundert n. Chr. verfasst. Es hat in den verschiedensten asiatischen Ländern schon früh eine weite Verbreitung gefunden und ist Bestandteil der „Prajnaparamita-Sutras“ (sanskr. „prajnaparamita“ = Vollkommenheit der Weisheit). Die erste Druckversion des Sutra stammt aus China, wurde als Holztafeldruck hergestellt und ist vom 11. Mai 868 datiert. Dieses Dokument gilt als das erste mit Sicherheit zu datierende Buchdruckerzeugnis der Menschheitsgeschichte, fast 600 Jahre vor der Gutenberg-Bibel. Es wurde im Jahre 1907 vom Archäologen Aurel Stein in den Mogao-Grotten bei der chinesischen Stadt Dunhuang entdeckt.

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Der vollständige Titel des Sutra lautet „Vajracchedika Prajnaparamita“ und bedeutet „Die Vollkommenheit der Weisheit, die [so scharf ist, dass sie] selbst einen Diamanten spalten kann“ (Diamantspaltende Vollkommenheit der Weisheit).

Das Sutra soll auf einer Predigt basieren, die Buddha im Jetavana in Śrāvastī gehalten hat. Dabei beantwortet er Fragen seines Anhängers Subhūti.

„Form ist Leerheit – Leerheit ist Form“: Der buddhistische Kerngedanke aus dem Herz-Sutra zieht sich (wenn auch nicht explizit) wie ein roter Faden auch durch das Diamant-Sutra. Nach der Lehre des Buddha existieren zwei Wirklichkeiten/zwei Wahrheiten: 1.) einerseits die Welt der Form, die Welt der sinnlich erfahrbaren Phänomene, die Welt der in Zeichen und Begriffen geronnenen trügerischen, da einseitigen, Wahrnehmungen und 2.) auf der anderen Seite: die Welt der Leerheit (Shunyata), die Welt der „Soheit“, eine Sphäre jenseits der Form, jenseits von Geburt und Tod, Anfang und Ende, Selbst und Nichtselbst, eine Welt jenseits aller Begriffe. Der Buddha wäre aber nicht der Buddha, wenn er sich darauf beschränkte, diese beiden Wirklichkeiten einander gegenüberzustellen. Form und Leerheit sind letztlich eins, es gibt keine Dualität von Form und Nicht-Form – beide sind Ausdrucksformen ein und derselben Wirklichkeit, zwei Gesichter ein und der gleichen Welt.

Ein Gleichnis mag diesen Gedanken illustrieren: Eine Welle im Ozean ist nur scheinbar ein isoliertes, selbsthaftes Phänomen – sie ist Teil des Ozeans, geht aus ihm hervor. Die Welle besteht also letztlich ausschließlich aus Elementen, die Nicht-Welle sind (Form ist Leerheit). Trotzdem geht die Welle nicht völlig im Ozean auf, sie bleibt trotz ihres Eingebettet-Seins in den Ozean des Universellen eine Welle, ein individuell existentes Phänomen (Leerheit ist Form).

Diese Kernaussage wird im Diamant-Sutra in zahlreichen Varianten ausgebreitet. Das Sutra fordert uns auf, hinter die Oberfläche der Phänomene zu schauen und die Illusion zu durchschauen, die Wirklichkeit erschöpfe sich in der Oberfläche der sinnlich erfahrbaren und begrifflich fixierbaren Phänomene. Darum lautet der eigentliche Titel des Sutra auch korrekt und vollständig übersetzt: „Der Diamant, der die Illusion durchschneidet“ (vajracchedika sutra). Der Diamant – das ist die Lehre des Buddha, und eigentlich sind es gleich mehrere Illusionen, die in diesem Sutra durchschnitten werden:

die Illusion, man habe eine unabhängige Selbstexistenz, sei getrennt und unabhängig,
ferner die Illusion, man könne das wahre Wesen derselben von Zeichen (Begriffen) erfassen, aber letztlich auch
die Illusion, man ginge völlig auf und habe keinerlei Existenz jenseits der Leerheit. „Form ist Leerheit – Leerheit ist Form“.

Die Weisheit des Buddha überschreitet die Grenzen der Sprache – die rätselhaften Paradoxa des Diamant-Sutras sind Ausdruck dieser alle Logik sprengenden und alle Begriffe transzendierenden Weisheit. „Subhuti, du musst wissen, dass die Bedeutung dieses Sutras jenseits von Gedanken und Worten liegt“.

Die Lehre des Buddha hat viele philosophische Elemente. Daher wird im Buddhismus auch der menschliche Wahrnehmungsakt immer wieder problematisiert und in Frage gestellt: Was sehen wir? Sehen wir die wahre Natur der Dinge oder nur unsere Vorstellungen/Bilder/Zeichen der Dinge? Im Diamant-Sutra sind es Vier Falsche Vorstellungen/Wahrnehmungen, die immer wieder angesprochen werden:

die Vorstellung von einem Selbst (abgetrenntes, für sich stehendes Selbst)
die Vorstellung von einer Person (Trennung von Mensch und Nicht-Mensch)
die Vorstellung von einem Lebewesen (Trennung von belebter und unbelebter Materie)
die Vorstellung von einer Lebensspanne (Geburt und Tod)

Alle diese Vorstellungen sind der Sphäre der Phänomene verhaftet, verbleiben im Bereich begrifflich-rationaler Unterscheidung und verfehlen damit die wahre Natur der Dinge, die diese Vorstellungen überschreitet.

Das Diamant-Sutra endet in der Aufforderung des Buddha, die nicht der Realität entsprechenden Wahrnehmungsarten zu überwinden und alle Erscheinungen als leer zu betrachten (Form ist Leerheit – Leerheit ist Form):

„Wie einen Stern, eine Luftspiegelung, eine Butterlampe,
wie Illusion, Tautropfen, Luftblasen im Wasser,
wie einen Traum, einen Blitz, eine Wolke –
so sieh alles an, was zusammengesetzt ist.“

Aus und weitere Information Wikipedia

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