Liebe und Kraft: Diese beiden chinesischen Symbole hat sich Kassi Sucharit auf ihre Faust tätowieren lassen. Und Kraft, die hat die 33-Jährige genug, um ihre Gegnerinnen K.o. zu schlagen – weltmeisterlich.
Anita Schuler
Seit 15 Jahren ist die Niederglatterin Kassi Sucharit eine begeisterte Kämpferin und beherrscht verschiedene asiatische Kampfsportarten. Dabei hat alles mit einer kleinen Rammelei angefangen: «Ich habe aus Spass mit einem Kollegen ein wenig gekämpft und war erstaunt, was der so drauf hatte. Das wollte ich unbedingt auch können.» So begann die Tochter thailändischer Eltern mit Kampfsport.
Eine Disziplin genügte ihr von Anfang an nicht, und so trainierte sie bereits als Teenager Kung-Fu, Tai-Chi und Eskrima – den Kampf mit Stöcken und Schwert – gleichzeitig. Bereits nach zwei Jahren Training bestritt Kassi Sucharit den ersten internationalen Wettbewerb auf den Philippinen und holte 1998 und 2000 den Titel als weltbeste Eskrima-Kämpferin.
Kein Ausruhen auf dem Erfolg
Egal ob mit zwei Bambusstöcken, dem Schwert oder mit blossen Fäusten – Kassi Sucharit ist eine vielseitige Kämpferin; sie ist wissbegierig und ruht sich nicht auf ihren Erfolgen aus. So entdeckt sie in einer Kampfsportschule in Dielsdorf das Thai-Boxen und die etwas weniger brutale chinesische Variante davon – Sanda-Boxen.
«Im Thai-Boxen dürfen Ellbogen und Knie eingesetzt werden», erklärt die Sportlerin, «im Sanda jedoch nicht. Gewonnen hat, wer seinen Gegner entweder K.o. schlägt oder zweimal vom Platz stösst.» Wer darüber mehr wissen und es live miterleben will, der sollte sich am Samstag die Schweizer Meisterschaft in Bülach anschauen. Organisiert wird dieses Spektakel von Kassi Sucharit.
Training bewährt sich auf Strasse
Wer nun meint, sie sei ein weiblicher Raufbold, täuscht sich. «Manchmal genügen ein böser Blick und ein deutliches Stopp», erzählt sie, «und es kommt nicht zum Kampf». Schon manch einer hätte sie provoziert und dabei nicht gewusst, dass ihm eine mehrfach ausgezeichnete Kämpferin gegenübersteht.
Dennoch: Kassi Sucharit hat einige Jahre im Sicherheitsdienst gearbeitet und musste sich dabei auch mal alleine gegen fünf Skinheads verteidigen oder am 1. Mai für Ruhe und Ordnung sorgen – inmitten von Tränengas und herumfliegenden Gummigeschossen. «Auf der Strasse konnte ich erleben, dass alles tatsächlich funktioniert, was ich im Training tausendfach geübt habe.»
Heute arbeitet sie als Leiterin Administration in einer Logistikfirma. Den Sicherheitsdienst hat sie aufgegeben, dafür führt sie nun in Bülach ihre eigene Kampfsportschule «The Art to Fight Academy». Hier hängen an der Wand zahlreiche Zeugnisse, Diplome und Auszeichnungen, die von den Erfolgen der Kampfsportlerin zeugen. Guru-Bilder sucht man hingegen vergebens. Auf Schaumstoffmatten trainieren die Kinder Kung-Fu, während die Erwachsenen bei Muay-Thai-Boxen und Sanda, manchmal auch Eskrima oder Tai-Chi etwas für ihre Selbstverteidigung tun – je nach Interesse und Talente ihrer Schüler und Schülerinnen. Darunter sind auch einige Frauen, die ihren Körper abhärten und lernen wollen, wie sie sich im Notfall verteidigen können. Trotzdem: Schläger habe sie an ihrer Schule keine. «Ich bin zu meinen Schülern genauso streng wie zu mir», macht Kassi Sucharit deutlich, «ich verlange Respekt, Disziplin und Fairness.» Wer eine Prügelei anzettelt, fliegt aus der Schule – doch eine solch drastische Massnahme sei bis heute nie nötig gewesen.
Erneut in den Ring
Momentan investiert Kassi Sucharit wieder besonders viel Schweiss und Muskelkraft: Im Mai stieg sie in Taiwan wieder in den Ring und kämpfte einmal mehr um einen Weltmeister-Titel, dieses Mal jedoch in Thai-Boxen. In dieser harten Disziplin trägt Kassi Sucharit jeweils lediglich einen Kopfschutz und versucht, ihre Gegner mit vollem Körpereinsatz zu besiegen –fast alles ist erlaubt.
Um sich für ihren Wettkampf vorzubereiten, holt sie sich die nötige Fitness und Schlagkraft mithilfe einer persönlichen Trainerin – ebenfalls einer Weltmeisterin. Diese Profisportlerin weiss, wie viel Kraft in Kassi Sucharit steckt, und verlangt, ohne mit den Wimpern zu zucken, eine Zusatzrunde, auch wenn Sucharit bereits schwer keucht. «Letzthin spürte ich noch zwei Tage nach dem Training meine Muskeln», lacht sie. Ein hartnäckiger Muskelkater plagte sie an einer Stelle, die sie sonst kaum für einen Kampfeinsatz benötigt – am Gesäss.
Aus:Zuonline.ch
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