Mit schwarzem Gürtel in der Chefetage. Teil 2

Was der Schwertkampf des 16. Jahrhunderts die Manager lehrt
Im Prinzip geht es heutigen Managern wie den Samurai des 16. Jahrhunderts, ist auch Daniel Riewe überzeugt. Der Biologe will Technik, Kraft, Energie, Konzentration, Intuition und Achtsamkeit seiner Workshop-Teilnehmer stärken – zum Beispiel über den Schwertkampf. Unter dem Motto „Führen wie ein Samurai“ lehrt er unter anderem Bewegungsabfolgen, die geradezu getanzt werden. Die verändern die Atmung, öffnen das Herz. Sie machen kommunikativer, zugewandter und deutlich präsenter. Das können die Workshop-Teilnehmer erleben, wenn sie wenige Minuten später vor Publikum etwas vortragen und plötzlich mehr Präsenz haben, geradezu „mehr Raum einnehmen“. Etwas, das ihnen vorher nur mithilfe des Schwertes gelungen war.
„Wenn sich das Energiefeld derart ändert, sorgt das auch für Entspannung im Umfeld. Derart sensibilisierte Führungskräfte tun sich nach dem Schwertkampf-Training oft leichter im Umgang mit ihren Mitarbeitern“, weiß Riewe aus Erfahrung. „Ein Team, das mit seinem Chef durch eine Konfliktphase geht und sich dann wieder findet, ist hinterher deutlich produktiver und geeinter.“
Kontakt und Aggression

Schwertkämpfer müssen zudem den Kontakt suchen und erhalten, um zur Aktion zu kommen, so der Coach, der das Institut für Kommunikation und Bodywork betreibt. Wer es austestet, fühlt mit ein bisschen Übung, wo der andere steht. Das helfe auch im Job weiter, so Riewe. Ähnlich wie beim Aikido versucht er, in der alten Kunst des Schwertkampfes das partnerschaftliche Element hervorzuheben – trotz des Martialischen und der Aggressionen, die sie verkörpert.
„Aggression ist etwas Gutes, Konflikte sollte man deshalb ausleben. Es hilft allerdings nicht, einfach hochzugehen. Im Gegenteil: Es gilt, die Energie zu kanalisieren und zu verschieben, sich zu erden. Zu erkennen, dass ein Mitarbeiter, dem ich trotz eines Konfliktes meine Wertschätzung zeige, plötzlich doch überzeugt werden kann und mir freundschaftlich gewogen bleibt, ist für Führungskräfte eine wichtige Erfahrung. Eine, die sie zunächst im Kampfsport erleben – und dann auf den Joballtag Ein wichtiger Punkt sei, einen Angriff – gleich ob er verbal oder mit dem Schwert erfolgt – zu akzeptieren und trotz der Gegnerschaft eine partnerschaftliche Beziehung einzugehen, erklärt Riewe. Es gelte, die Energie des Anderen aufzunehmen und für sich selbst zu nutzen. Außerdem verweist er auf uralte Strategien: Wer sich öffne und den anderen geradezu einlade, an einer bestimmten Stelle anzugreifen, der wisse ja, an welcher Stelle der nächste Schlag erfolge und könne folglich vorbereitet sein. „So erweist sich mancher Rückzug im Nachhinein als geschickter Schachzug, der letztlich zum Durchbruch führt – auch in Verhandlungen“, so Riewe, der ursprünglich aus der Neurobiologie kommt. „Oder aber – der andere weiß, dass ich ihn an der Stelle erwarte, und greift erst gar nicht an.“
Konflikt- und Selbstmanagement
Auch Hochschulen, beispielsweise in Berlin und Augsburg, schicken ihre Studierenden als Aikido-Lehrlinge auf die Matte. Die angehenden Führungskräfte lernen, sportliche Konflikte zu entschärfen und Souveränität aufzubauen. Sie erfahren in der körperlichen Auseinandersetzung, auf welche Art sie Kontakt aufnehmen, welches Tempo, welche Handlungsweise ihnen entspricht, wie sie überzogene Forderungen zurückweisen. Oder kurz: Wie sie zwischenmenschliche Beziehungen im Konfliktfall gestalten können – und diese Strategien auch außerhalb des Sportstudios abrufen können.Auch das klassische Boxen hat neben dem asiatischen Kickboxen Eingang in die Manager-Weiterbildung gefunden. Linker Haken, Schwinger oder eine hammerharte rechte Gerade – im übertragenen Sinne ist der direkte Schlagabtausch auch im Beruf Alltagsgeschäft. Viele Sportler bestätigen: Der Sport lehrt, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Eine winzige Unachtsamkeit, ein wenig Abgelenktsein kann hier den Sieg kosten. Alfred Gehlen lässt Manager im Studio seines Seminar-Zentrums in Bad Münder ebenfalls Boxhandschuhe und Kickbox-Moves ausprobieren. Positiver Nebeneffekt: Wer ständig am Schreibtisch sitzt, kann sich an mannshohen Dummys mal richtig „abarbeiten“, Ängste und Anspannung abbauen. Links, rechts, ein Kick in die Seite, Doppelkombination und noch mal drauf auf die Gumminase.
Aus:ftd.de

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