Konzentration statt Emotion lautet das Motto beim Japanischen Bogenschießen. Hauptsächlich Frauen trainieren Kyudo im Französischen Viertel in Tübingen.
Tübingen. Wer bei Kyudo, übersetzt der Weg des Bogens, an Samurais denkt, liegt gar nicht falsch. Denn diese Krieger haben tatsächlich Kyudo als Technik eingesetzt. Heute ist es einfach eine Sportart, doch erinnert vieles an die alte Tradition. Die Sportler kleiden sich wie die alten Samurai-Kämpfer. In einer langen, schwarzen Wickelhose (Hahama), darunter ein weißes, hemdähnliches Gewand (Gi) und in ballettförmigen Zehensocken (Tabi) erscheinen die Frauen und Männer. Die Frauen tragen außerdem einen Brustschutz (Muneate), auch Handschuhe (Gake) gehören zur Ausrüstung. Selbst der Bogen ist etwas Besonderes: 2,25 Meter ist er lang, asymmetrisch geformt und ohne Pfeilauflage.
Um da gezielt und präzise einen Treffer zu landen, ist nicht nur Konzentration gefragt. „Kyudo ist körperlich sehr anstrengend“, erklärt Oskar Buncsak, „Arme und Schultern sind stark gefordert und sollten trotzdem entspannt sein.“ Deshalb schaut der Trainer immer wieder, ob die Sportler alles richtig machen, korrigiert, wenn Anfänger den Bogen falsch halten, führt vor, wie die Haltung perfekt ist. Dabei spricht er leise. Denn eine ruhige Atmosphäre herrscht vor, und das hat seinen Grund: Gefühle sind tabu. Deshalb gibt es auch keine ärgerlichen Gesichter zu sehen, wenn das Ziel verfehlt wurde. Auch die positive Variante, Freudensprünge oder ein erleichtertes Lachen, sind verpönt. Asiatische Zurückhaltung ist gefordert.
„Wir halten uns an die strengen japanischen Regeln“, erklärt Ursula Hüge, die Abteilungsleiterin des Vereins. Dazu gehören auch japanische Zeremonien. So beginnen die Übungen mit einer Verneigung. Vor dem Abschießen des Pfeils werden kleine, behutsame Tanzschritte zelebriert. Achtung und Achtsamkeit spielen eine große Rolle. Das zeigt sich auch beim „Abklatschen“ – ein in die Hände Klatschen als Hinweis für die anderen, dass man seinen Pfeil aus der Zielscheibe holen will. Es wird darauf geachtet, dass man erst klatscht, wenn man niemanden beim Training stört. Erst dann kann der Klatschende seinen Pfeil holen, ohne sich zu verletzten.
Vieles ist anders als bei gängigen Sportarten. Vor allem, dass das Treffen nicht das Wichtigste ist. „Wir verfeinern die Technik, dann kommt alles andere von alleine“, erklärt Insa Thymm, die seit zwei Jahren trainiert. Eine Art Selbsterziehung und ein inneres Gleichgewicht zu finden, sind die Ziele des Kyudos. „So wie man ist, so schießt man auch. So wie man das Schießen verbessert, so verbessert man sich selbst“, lautet das Motto. Ehrgeiz, Ungeduld und Verbissenheit gelten deshalb als schlechte Eigenschaften.
Drei Schwierigkeitsstufen lassen sich in der Halle trainieren. Die Anfängerstrecke mit einem Abstand von drei Metern, eine mittlere Distanz von acht Metern und die Profi-Strecke von 28 Metern. Eine Sportart, die besonders Frauen begeistert. Mehr als die Hälfte der Vereinsmitglieder seien weiblich, versichert Buncsak, der auch Vereinsvorsitzender ist.
„Kopf und Körper“, meint Hüge, seien gefragt, deshalb schätzt sie das japanische Bogenschießen. Deshalb trainiert sie jeden Sonntag eineinhalb Stunden . Birgit Vey
So wie man ist, so schießt man auch. So wie man das Schießen verbessert, so verbessert man sich selbst.
Aus:Tagblatt.de
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