19 Arbeitsdienst

Ende 1944 bekam ich den Gestellungsbefehl fuer den Arbeitsdienst. Der Arbeitsdienst war eine Einrichtung der National Sozialisten um billige Arbeitskraft zu haben. Männer und Frauen von 17 jahren mussten 1 Jahr Arbeitsdienst leisten, und die Männer anschliessend 2 Jahre Wehrpflicht. Das war für die Zeit des Friedens gedacht, und in den jahren 1933 bis 39 baute man in Deutschland viele Autobahnen mit der Arbeitskraft dieser jungen Menschen. heute muss ich sagen, das war eine gute Einrichtung. Man stelle sich vor, es gäbe sowas in Argentinien und man brächte die Drogenabhängige Jugend aus den Diskos und den verschmierten Universitäten aufs Land Strassen zu bauen?


Am 2. Januar 1945 musste ich zu einer bestimmten Zeit am Bochumer Hauptbahnhof sein. Wir fuhren mit dem Zug nach Winterberg ins Sauerland. Vor dem Bahnhof erwarteten uns die Arbeitsführer. 1944/45 war ein sehr kalter Winter, in Winterberg lag ein Meter hoher Schnee bei -20º Kälte. Wir stapften querfeldein durch den hohen Schnee und kamen nur langsam vorwärts. Links parallel zog sich ein dichter Nadelwald hin. Nach etwa 1 stündigem mühsamen Gehen erreichten wir eine kaum sichtbare Schneise und waren gleich im Lager. Man hatte Mitten im Wald etwa 20 Blockhäuser aufgebaut und dazu nur die störenden Bäume gefällt. Unter den Häusern hatte man die Baumkronen der gefällten Bäume mit Draht befestigt, so dass man von oben von unserem Lager nichts sehen konnte, ebensowenig vom Dorf aus. Es war 100% getarnt gegen feindlichen Aufklärungsflugzeuge.

Wir wurden sofort in die verschiedenen Blockhäuser aufgeteilt, sodann je nach Beruf zu verschiedenen Arbeiten eingeteilt. Da ich kaufmännischer Lehrling war, ein Beruf der nirgends gebraucht wurde, stellte man mich als Holzfäller, das heisst, unsere Mannschaft musste für alle Brennholz anschaffen, keine schwere Aufgabe mitten im Wald. Am nächsten Tag mussten wir antreten und der Oberste Arbeitsführer ging die Glieder ab und erkundigte sich nach unserer persönlichen Herkunft, Familie und so. Nachdem er micht befragt hatte, stellte er mich für sich als „Mädchen für alles“ an. Meine Arbeit als Holzfäller war also sofort zu Ende, dafür musste ich seine Bude sauberhalten, seine Stiefel putzen u.s.w. das hatte manchen Vorteil für mich, gab er mir doch täglich einige Leckereien, wovon die Anderen nur ahnen konnten. Dieser Mann war ein sehr warmherziger und gebildeter Mensch, er war ein sehr bekannter Autor von deutschen Kinderbüchern. Sein Name war Strauss, Dr. Strauss.

Natürlich musste ich die militärische Ausbildung mitmachen, dazu hatte man uns ja eingezogen. Von Arbeiten war seit Kriegsausbruch beim Arbeitsdienst keine Rede mehr. Wir lernten das Gewehr 98 auseinanderbauen und zusammenbauen, sollten es behandeln wie unsere eigene Braut. Wir mussten uns tarnen, kriechen, laufen, springen und anschleichen. Tägliche Schiessübungen standen auf dem Programm. Ein paar Tage vor unserer Entlassung kündigte man uns den Besuch verschiedener hoher Militärischer Persönlichkeiten an. Wir mussten in Ausgangsuniform antreten, und einer der hohen Herren redete zu uns vom Lebenskampf Deutschlands, vom Vorsehen(Ausdruck für Gott in der NS-Zeit), dass uns unsern Führer geschickt hat, das wir die Zukunft seinen u.s.w. Am Ende fragte er uns ob wir bereit seien unserm Führer unser Leben zu schenken und uns „Freiwillig“ melden würden.“ Wer sich nicht freiwillig melden will ein Schritt vor“. Wir waren alle 15-16 jährig, und es trat natürlich keiner den Schritt vor. Anschliessend wurde jeder einzeln aufgerufen um die Waffengattung zu wählen, es standen zur Auswahl die Waffen-SS, das Heer, die Luftwaffe oder die Marine. Ich meldete mich zur Letzteren.

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