2 Bochum

Als mein Vater 1920 aus der engl. Gefangenschaft entlassen wurde, kam auch er nach Bochum. Er wohnte in der ersten Zeit bei seiner Schwester Maria. Bochum war damals eine Industriestadt von etwa 300.000 Einwohnern. Die meisten davon verdienten sich ihre Leben beim Bochumer Verein oder im Bergbau.

Der Bochumer Verein war eine Gussstahlfabrik, wo u.a. Kirchenglocken gegossen wurden, aber auch Kanonenrohre und sonstiges Kriegsmaterial. Auf dem B.V. waren über 60.000 Menschen beschäftigt und ganze Siedlungen in Bochum waren Arbeiterwohnungen des B.V. Es wurde rund um die Uhr gearbeitet und wenn Nachts die Öfen geleert wurden, also das glühende Eisen gegossen wurde, war der ganze Bochumer Himmel rot.

Bergwerke, bei uns kurz Zechen genannt gab es so etwa 20 bis 30 rund um Bochum. Die Kohle lag teilweise bis zu 1000 m tief, und die Bergleute bei uns kurz Kumpel genannt, wurden in Förderkörben in die Teife gefördert. Das Bochumer Stadtbild wurde durch diese Eisengerippe mit grossen Rädern an denen die Stahlseile der Förderkörbe liefen geprägt. Heute, wo ich das schreibe, gibt es in Bochum keine Zechen mehr, aber man hat eines dieser Gerippe mitten im Stadtzentrum als Warzeichen stehen lassen.

Die Kohle liegt in verschiedenen Tiefen, also sozusagen in verschiedenen Etagen, die in der Kumpelsprache Sohlen genannt werden. Und in jeder Sohle wurden Stollen gebaut die mit Holzstützen ausgebaut wurden. Diese Stollen waren Kilometer lang und es fuhren dort kleine Eisenbahnen, kurz Loren genannt. Die Kohle wurde mit Hacken abgebaut, hin und wieder wurde mit Sprengstoff gesprengt und es kam dabei oft zu Unglücken. Es gab in Bochum wohl wenige Bergmannsfamilien die nicht einen der Ihrigen im Bergwerk verloren hatten. Auch wenn ihnen nichts passierte waren diese armen Leute mit 40 jahren fertig, die Meisten von ihnen hatten Steinstaublunge.

Vater hatte das Maurerhandwerk gelernt und fand auch bald Arbeit in Bochum. Anfang 1922 heirateten meine Eltern und am 18. Dezember kam meine Schwester Else zur Welt.

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