Algen – bunte Gesundheit aus dem Wasser

Braunalgen, Rotalgen, Grünalgen, Blaualgen, Blaugrünalgen – viele Algen in sclillernden Farben wachsen rund um den Globus in Neptuns Garten. Und obwohl dieses Gemüsebeet unter dem Meeresspiegel liegt, fährt der Mensch auch hier die bunte Ernte ein. Wer Sushi oder andere asiatische Gerichte mag, hat sicher schon einmal ein Algenblatt auf dem Löffel oder, etwas authentischer, zwischen den Stäbchen gehalten.Die Inhaltsstoffe einiger Algen, so genannter Mikroalgen, werden auch in Tabletten oder Pulvern als Nahrungsergänzungsmittel angeboten.
Jedoch sollte das bunte „Meereslaub“ mit Bedacht verwendet werden: Aufgrund ihres außergewöhnlich hohen Jodgehaltes haben manche auf dem Teller landenden Algen einen schlechten Einfluss auf die Schilddrüse. Auch die Frage, worauf man achten sollte, wenn man seine Nahrung mit Tabletten oder Pulvern aus Algen ergänzen will, soll hier angegangen werden.
Algen – was für Pflanzen sind das?
Bei den genannten Algen werden zwei Gruppen unterschieden: die sogenannten Makroalgen sind das, was man sich klassischerweise unter Meeresalgen vorstellt, also regelrechte Unterwasser-Pflanzen. Hierzu gehören die Braun-, Rot- und Grünalgen, die sich in vielen asiatischen Gerichten wiederfinden. Hingegen handelt es sich bei den Blaualgen, die auch Blaugrünalgen genannt werden, eigentlich gar nicht um Algen, sondern um eine spezielle Bakterienart. Diese Bakterien haben die Besonderheit, daß sie – wie Pflanzen – mit Hilfe von Chlorophyll Energie gewinnen können. Das Chlorophyll gibt ihnen ihre grünblaue Farbe. Blaualgen hat praktisch jeder schon einmal gesehen, da sie sich gerne in ruhigen Gewässern bilden, die dem Licht ausgesetzt sind. Aquarienbesitzer wissen ein Lied zu singen von den Eindringlingen, die sich an den Glaswänden festzusetzen pflegen und so den Blick auf die heimische Unterwasserwelt grünlich trüben.
Wenn sich Europäer wie Asiaten ernähren
Bei den Japanern landen traditionell große Mengen Algen im Küchentopf, da das Fehlen großer landwirtschaflicher Anbauflächen und die direkte Verfügbarkeit der Algen an den langen Küstenlinien der japanischen Inseln schon seit Jahrunderten zur Verwendung des Meeresgemüses einluden.
So gesund die ballaststoffreiche und fettarme asiatische Küche auch ist, der Jodgehalt mancher ihrer Algen übertrifft bei weitem alles, was die Zutaten der europäischen Küche zu bieten haben. Die Braunalgensorte Kombu etwa hat es in sich: Sie kann erstaunliche Mengen Jod speichern. Die Jodkonzentration in Kombublättern ist 40.000 mal so hoch wie im normalen Meereswasser, und bereits ein zwanzigstel Gramm der getrockneten Blätter reicht aus, um die tägliche Jodzufuhr eines Menschen zu decken.
Diese erstaunlichen Zahlen haben das Bundesministerium für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) auf den Plan gerufen. Denn gerade weil Deutschland ein Jodmangelgebiet ist, kann eine plötzliche, übermäßige Zufuhr des Minerals unerwünschte Folgen haben: Es können so genannte „funktionelle Autonomien“ in der Schilddrüse aktiviert werden. Dabei handelt es sich um Knoten (autonome Adenome), die sich besonders bei längerer mangelhafter Jodzufuhr bilden. Werden diese nach Jod „dürstenden“ Bereiche der Schilddrüse plötzlich mit einem Überangebot von Jod versorgt, fangen sie an, Schilddrüsenhormone außer Rand und Band herzustellen: Eine akute Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) kann die Folge sein.
Japaner sind (fast) resistent
Da die Japaner und andere Asiaten sich durch ihren hohen Algenkonsum zeitlebens viel Jod zuführen, finden sich bei Schilddrüsenuntersuchungen der Bevölkerung praktisch keine autonomen Knoten, und daher gibt es auch keine Probleme beim Algenverzehr.
Doch selbst für die joderprobten Asiaten kann es manchmal zuviel des Guten werden: In einigen Bereichen der japanischen Küste finden sich erstaunlich viele Menschen mit einem Kropf, wie sie auch in den jodarmen Alpenländern vermehrt anzutreffen sind. Der Kropf, eine Vergrößerung der Schilddrüse, ist eigentlich eine Jodmangelerscheinung, sie kann aber auch durch eine ganz extrem hohe Jodzufuhr ausgelöst werden. In diesem Fall wird das System, das für die Aufnahme des Jods in die Schilddrüse zuständig ist, durch die Jodschwemme derart irritiert, dass es den Eintransport kurzerhand einstellt.
Dies führt zu einem Jodmangel in der Schilddrüse trotz des Jodüberangebotes im Blut. Dieser, auch als Wolf f-Chaikoff-Block bekannte Effekt, kann ebenfalls das ungeborene Kind einer Schwangeren betreffen, weshalb diese (außer auf eine ausreichende) auch auf eine nicht zu hohe Zufuhr des Elementes achten sollte.
Algenhaltige Speisen: darauf kann man achten
Zunächst einmal muss festgestellt werden, dass nur ein Teil der asiatischen Algen so extrem jodhaltig ist. Vor allem sind dies die Braunalgen Kombu und Wakame. Kombu wird meist in Wasser ausgekocht, und die entstehende Brühe ist Grundlage der meisten japanischen Suppen. Die festen grünen Blätter der Wakame werden als Einlage in Suppen sowie für Salate verwendet.
Nori hingegen dient als „Wickelumhüllung“ von Maki-Sushi. Wer jedoch keine allzu wilden Mengen des Sushis verzehrt, muss sich hier keine Gedanken machen, da Nori keine extremen Jodgehalte aufzuweisen scheint.
Der Jodgehalt der Algen schwankt nicht nur von Sorte zu Sorte, sondern kann auch je nach Erntezeit und Wachstumsort sehr verschieden sein. Außerdem verlieren die Algen bei der Zubereitung bis zu 87% des Jodgehaltes. Da aber die empfohlene Jodmenge im Trockengewicht der Algen teilweise noch das 20- bis 195-fache des Grenzwertes beträgt, darf das Problem dennoch nicht verharmlost werden.
Das BgVV hält den Verzehr vo n Algen mit mehr als 20 mg Jod in einem Kilogramm Trockenalge für bedenklich. Das Ministerium plädiert für eine Deklarationspflicht des Jodgehaltes auf den Packungen, jedoch ist diese noch nicht in Kraft.
Die Stiftung Warentest hat sich des Problemes angenommen und berichtet in der Ausgabe vom September 2002 über verschiedene in Deutschland käufliche Algenprodukte, die sie nach Jodgehalt und anderen Kriterien untersucht hat. Bei drei von 23 Produkten lag der Jodgehalt so hoch, dass die Stiftung vom Verzehr abrät.
Mikroalgen: Allheilmittel und Nahrungsgrundlage der Zukunft?
Wird von Mikroalgen gesprochen, sind vornehmlich die Arten Aphanizomenon flos-aquae (auch „AFA-Alge“ genannt), Chlorella und Spirulina gemeint. Ihnen gemein ist, daß sich viele Mythen um die oft als „Uralgen“ bezeichneten Einzeller ranken. Sie werden aufgrund ihres Proteinreichtums und der Tatsache, daß sie zur Kultivierung kein Ackerland benötigen und wie Pflanzen durch Photosynthese ihren Bedarf an biologischen Bausteinen selbst herstellen, von vielen als Lösung des Ernähru ngsproblems einer stetig wachsenden Weltbevölkerung betrachtet. Obwohl diese Idee nicht ganz neu ist, haben bisherige Bemühungen keinen Erfolg bei der Großkultivierung von Algen gebracht. Die genannten Mikroalgen, allen voran die AFA-Alge, dienen auch als Grundlage zahlloser Tabletten und Pulver, die als Nahrungsergängzungsmittel verkauft werden. Den „Uralgen“ wird oftmals, mehr oder weniger explizit, eine Wirksamkeit bei zahlreichen Erkrankungen, bis hin zu Krebs und Aids, unterstellt.
Das BgVV und das Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weisen darauf hin, dass diese Behauptungen nach derzeitigem Kenntnisstand nicht haltbar sind. Jedes Produkt, von welchem behauptet wird, es könne Krankheiten heilen, lindern oder vorbeugen, gilt zudem gesetzlich als Arzneimittel. Diese brauchen jedoch eine staatliche Zulassung, die den Nachweis erfordert, dass das Mittel tatsächlich den gewünschten Effekt erbringt und keine schädlichen Wirkungen hat. Da zur Zeit kein Algenprodukt in der Bundesrepublik als Arzneimittel zugelassen ist, darf auch von keinem dieser Produkte behauptet werden, es hätte arzneiliche Wirkung. Es ist also in jedem Fall anzuraten, eine n Arzt aufzusuchen, anstatt sich oder andere mit einem Algenprodukt kurieren zu wollen.
Das Thema erhält zusätzliche Brisanz dadurch, dass in Kanada in Proben von Nahrungsergänzungsmitteln, die AFA-Algen beinhalteten, Toxine (Gifte) entdeckt worden sind. Dabei handelt es sich um Algentoxine, die von den Einzellern unter geeigneten Bedingungen selbst produziert werden. Der Hauptproblemstoff ist dabei das sogenannte Microcystin, welcher leberschädigend wirkt. Das BgVV rät aus diesem Grund davon ab, Kindern AFA-Algenprodukte zu verabreichen, und empfiehlt eine Reduzierung der Dosis bei der Einnahme durch Erwachsene.
Aus:Gesundheit.de

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