Wer ist Kim Phuc? Sie ist das Mädchen auf einem Jahrhundertfoto aus dem Vietnamkrieg: Nackt und schreiend rannte sie nach einem Napalm-Angriff eine Straße entlang.
Es passierte am 8. Juni 1972. Kim Phuc hatte mit ihren Eltern Zuflucht in einer Pagode gesucht. Doch als die ersten Bomben fielen, stürzten die Menschen panisch ins Freie. Kim Phuc, damals neun Jahre alt, rannte die Nationalstrasse 1 entlang, als sich zwei amerikanische Jagdbomber vom Typ Skyraider im Tiefflug näherten. Sie warfen Napalmbomben – und erwischten auch das kleine vietnamische Mädchen. Ihre Kleidung verbrannte, ihre Haute schmorte weg, nackt und schreiend lief sie weiter. In diesem Moment drückte ein Fotograf auf den Auslöser.
Das Bild ging um die Welt, nahezu jede Zeitung druckte es. Für die Demonstranten gegen den Vietnamkrieg wurde es zu einem Symbol für die barbarische Grausamkeit des amerikanischen Militärs. Ohne sich darüber bewußt zu sein, trug das Mädchen viel dazu bei, dass die Stimmung an der US-Heimatfront kippte.
„Ihr Lächeln!
Ein Jahr nach dem Napalm-Angriff besuchte der stern-Fotograf Perry Kretz das Mädchen in einer Klinik. „Sie hatte ein Lächeln, das mir nie aus dem Kopf gegangen ist“, erinnert er sich im Gespräch mit stern.de. Kim Phuc hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zahlreiche Operationen hinter sich, ihr wurde gesunde Haut von den Beinen auf die verbrannten Rücken- und Armpartien verpflanzt. Sie litt unter furchtbaren Schmerzen und konnte sich kaum bewegen, weil die verpflanzte Haut zu sehr spannte. Aber sie fasste Vertrauen zu Kretz, den sie seitdem „Papa Perry“ nennt.
Gut zehn Jahre später gelang es Kretz, Kim Phuc von Vietnam nach Deutschland zu holen. Professor Rudolf Zellner von der Unfallklinik Ludwigshafen operierte sie nochmals, um die Vernarbungen, die ihre Beweglichkeit einschränkten, zu beseitigen. Der stern unterstützte die junge Frau finanziell.
Gelungenes Leben
Tatsächlich gelang es Kim Phuc, ein erstaunliches Leben aufzubauen. Sie studierte in Kuba, lernte dort ihren Mann kennen und floh auf der Hochzeitsreise in den Westen. Inzwischen lebt das Ehepaar in Kanada und hat zwei Söhne. Kim Phuc arbeitet für ihre eigene Stiftung, die Kindern aus Kriegsgebieten hilft und ist Unesco-Botschafterin. „Mein Leben ist ein Wunder“, sagt die 43-jährige gegenüber stern.de.
Wer mit ihr spricht, spürt, dass sie es genauso meint, wie sie es sagt. Noch in Vietnam ist Kim Phuk zu einer tiefgläubigen Christin geworden und hat zu einer heiteren, lebensbejahenden Haltung gefunden. Sie sei Perry Kretz, der sie seit über dreißig Jahren freundschaftlich begleitet, tief dankbar, sagt sie. Und auf die Grausamkeiten des Krieges angesprochen, meint sie: „Ich fühle keinen Hass.“
Aus Der Stern
[…] von Francis Y Takahashi zu Das Mädchen, das dem Krieg entkam Übersetzung […]