Die Liebhaber des „Bärendrecks“ wird es freuen: Lakritze ist nicht nur lecker, sondern auch wirksam gegen Husten, Gastritis und andere Krankheiten. In der Pflanzenheilkunde hat die Süßholzwurzel eine lange Tradition.Die Zeit nach einer Operation kann schon sehr unangenehm sein. Nicht nur, dass man oft mit Übelkeit und Brechreiz zu tun hat. Auch der postoperative „sore throat“, die Reizung der zuvor mit dem Narkoseschlauch traktierten Rachenschleimhaut, kann überaus schmerzhaft sein. Doch indische Anästhesiologen haben jetzt ein vorbeugendes Mittel gegen dieses Brennen gefunden: die Lakritze.
Das Forscherteam um Anil Agarwal vom Sanjay Gandhi Institut of Medical Sciences bat 20 Patienten unmittelbar vor der Operation, fünf Minuten mit einer Lakritzlösung zu gurgeln. 20 weitere Patienten gurgelten zur Kontrolle mit einem Plazebo. Nach der OP klagten 15 Patienten der Plazebogruppe, aber nur vier Probanden der Lakritzegruppe über Rachenbrennen, und auch ihr Hustenreiz fiel deutlich niedriger aus. Agarwal hält daher die beliebte Süßigkeit für ein probates Mittel.
Heilpflanzenkundler können die Forschungsergebnisse aus Indien kaum noch überraschen. Denn die Lakritze oder Süßholzwurzel (Glycyrrhiza glabra), ein Vertreter aus der großen Familie der Hülsenfrüchte, hat in der Heilkunde eine lange Tradition. Mittlerweile existieren außerdem zahlreiche wissenschaftliche Studien. Als Hauptwirkstoff wurde Glycyrrhizin ausgemacht, ein Gemisch aus Kalium- und Kalziumsalzen der Glycyrrhizinsäure. „Sie besitzt etwa die 50fache Süßkraft von Rohrzucker“, betont der Kasseler Mediziner und Ernährungswissenschaftler Uwe Siedentopp. Die Süßholzwurzel ist also eigentlich schon eine Leckerei, bevor sie zur Lakritzstange verarbeitet wird.
Darüber hinaus ist sie ein wirksames Mittel gegen Infekte. Deutsche Mikrobiologen konnten nachweisen, dass Lakritze den berüchtigten Keim Helicobacter pylori angreift und ihn daran hindert, sich an den Magenwänden festzusetzen. Weil sie außerdem die Schleimproduktion im Magen anregt und entzündungshemmend wirkt, bietet sie realistische Chancen bei Behandlung und Vorbeugung von Gastritis und Magengeschwüren.
Bei Husten und Asthma verbessert Süßholz den Schleimauswurf, so dass die Beschwerden milder verlaufen und weniger an den Kräften zehren. Hinzu kommt, dass auch Viren im Visier der Wurzeln stehen. Für Glycyrrhizin wurde schon 1977 ein hemmender Effekt auf Herpes-Viren entdeckt, später konnten Wissenschaftler noch Hepatitis-, Rhabdo-, Influenza- und sogar HI-Viren auf die „Abschussliste“ der Pflanze setzen. Ob dies freilich reicht, um auch Erkrankungen wie Aids, Grippe und Hepatitis zu therapieren, müssen klinische Untersuchungen erst noch zeigen.
Zudem bedeuten die pharmakologischen Wirkungen einer Heilpflanze, dass sie auch Nebenwirkungen haben kann. So arbeitet Glycyrrhizin in gleicher Weise wie das körpereigene Hormon Aldosteron. Dadurch steigt der Natriumwert im Blut, mit der Folge, dass der Körper Wasser ins Gewebe zieht, um gefährliche Natriumüberdosierungen zu verhindern. Das Resultat dieser Wasserspiele: Der betreffende Mensch schwemmt auf und entwickelt Bluthochdruck. Man sollte daher nicht mehr als 15 Gramm Süßholz täglich verzehren.
Aufgrund ihrer Aldosteronwirkung greift Süßholz zudem in den Haushalt der Sexualhormone ein: Bei Männern geht es mit der Lust auf Sex bergab, während sie bei Frauen deutlich zunimmt. In einer US-Studie steigerte eine Duftmischung aus Gurken und Lakritze die Durchblutung am weiblichen Geschlechtsorgan um 14 Prozent.
Demgegenüber entdeckte der iranische Forscher Mahmoud Mosaddegh, dass bereits 400 Milligramm Glycyrrhizin ausreichen, um die Testosteronwerte von Männern in den Keller zu drücken. Und diese Wirkstoffmenge lässt sich durchaus auch über normale Lakritzstangen und Kräutertee erreichen.
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