Interview mit Takafumi Takeno Sensei 2.Teil

Aiki News: Es kann also unecht oder abgesprochen auf die Zuschauer wirken?

Takeno Sensei: Ja. Es gibt ein Aiki News Video von Shioda Sensei, richtig? [T26 Yoshinkan Aikido: Gozo Shioda Sensei] Seine Schnelligkeit und Stärke und sein Ausdruck an kraftvoller Energie ist wirklich bemerkenswert. Sammeln, bewahren und konzentrieren dieser Kraft ist, als ob es jeden Moment zur Explosion kommt. Ich habe gedacht, ohne diese Art komprimierter Kraft wäre ich nicht in der Lage Techniken auszuführen. Ohne diese zugrunde liegende Präzision und Strenge können meine Techniken nie rund werden. Wenn ich es aus meiner jetzigen Sicht betrachte, dann möchte ich nach wie vor dieses strenge Aikido ausüben. Als Shioda Sensei an unterschiedlichen Orten Vorführungen gab, waren die Leute immer überrascht, solch prachtvolle Techniken zu sehen. Aber immer, wenn wir sie zum Training einluden, machten sie einen Rückzieher: „Nein, das ist mir zu unheimlich!”Bevor es Video gab, hatten wir keine Möglichkeit zu sehen, was man Dir antat, mit welcher Technik Du auf den Kopf gestellt wurdest. Du warst zu beschäftigt mit deinen ukemi (Falltechniken), nicht wahr. Wenn wir ein Video aus dieser Zeit sehen könnten, wären wir sicherlich überrascht über die wundervollen Dinge, die da abliefen. Bei Vorführungen an verschiedenen Orten warteten wir Schüler, um für Shioda Sensei Uke zu sein, während er damit beschäftigt war, den Zuschauern über Aikido zu erzählen. Diese Zeit verstrich immer quälend langsam, wobei wir uns mit Gedanken zermürbten: „Wo wird es dieses Mal weh tun? Mein Magen? Mein Kopf?” Aber wenn wir Sensei gegenüberstanden, war die Furcht wie weggeblasen. Es war ziemlich seltsam. Alles, was wir sehen konnten, war Sensei und wir konzentrierten uns darauf und stürzten uns auf ihn. Und im nächsten Augenblick befanden wir uns kopfüber in der Luft! Einige Male öffnete ich meine Augen und fand mich in einem Krankenhausbett wieder, mit der schwachen Erinnerung, an einer Vorführung teilgenommen zu haben. Ich hatte keine Ahnung, was passiert war. Ich hatte eine Gehirnerschütterung.
Aiki News: Haben Sie sich jemals ernsthaft verletzt?
Takeno Sensei: Nein, zum Glück nie. Ich kann auf einige Gehirnerschütterungen zurückblicken, über die ich heute lache. Aber ja, ich wurde oft unverhofft K.O. geschlagen, im Dojo. Es war schon seltsam. Ich bekomme einen Schlag auf den Kopf, aber verliere nicht das Bewusstsein. Sensei macht noch einige Techniken an mir, hält plötzlich an und sagt: „Warte mal, Deine Augen sehen irgendwie komisch aus”, und erst dann wurde alles schwarz. Oft fragten die Leute: „Sensei, bitte lehre uns angewandte Techniken.” Das ist jedoch nicht möglich, weil jede Situation anders ist. Wenn sich die Art und Weise, wie Dich jemand festhält, ändert, verändert sich die ganze Technik und Du kannst niemals das Gleiche nochmals machen. Wenn Du keine solide Grundtechnik hast, wirst Du niemals in der Lage sein, Techniken anzuwenden. Shioda Sensei lehrte niemals, dass dieses oder jenes eine angewandte Technik sei. Er sagte vielmehr: „Wenn Du die Grundstellung beherrscht und die Grundbewegungen kannst, dann kannst Du Techniken anwenden. Wenn Du Dich konzentrierst und Deine Kraft fließen lässt, dann kannst Du es tun.”
Aiki News: Shioda Senseis Autobiographie [Aikido Shinsei, Takeuchi Verlag, 1985] enthält mehrere Darlegungen, wo er seine Fähigkeiten in realen Situationen anwendete.

Takeno Sensei: Ich glaube, wenn man eine Technik anwendet, kommt es auf das Öffnen, das Fallenlassen oder das ‘Sich zur Seite bewegen’ an; all das sind schon angewandte Techniken. Eigentliche Kampftechniken, mit anderen Worten angewandte Formen, werden immer aus diesen Grundbewegungen geboren. Wie Du auf eine Situation reagierst und was Du damit machst, hängt auch von Deiner Körpergröße ab. Dein Gegner wird sich schnell bewegen und Du kannst Dir nicht überlegen: „Wenn ich auf diese oder jene Weise angegriffen werde, mache ich dies oder das …. Wenn sich jemand so oder so festhält, mache ich das.” Du hast nicht die Zeit dafür. Vielmehr kommt es darauf an, wie schnell Du Entscheidungen treffen kannst und, dass Du mit einem Repertoire feiner Bewegungen reagierst. Wenn Du die Grundschule nicht beherrschst, wirst Du nicht in der Lage sein, Dich zu bewegen. Du wirst nicht in der Lage sein, diese Entscheidungen in einem Augenblick zu treffen. Wenn Du eine Entscheidung zu treffen hast und dich dann bewegst, wird es zu spät sein, denke ich. Shioda Sensei sagte immer: „Kehre zur Grundschule zurück! Verliere nie Deine Grundstellung und die Grundbewegungen aus den Augen!” Einige Leute behaupten, dass Yoshinkan Techniken steif sind, aber ich glaube, das ist ganz und gar nicht der Fall. Grundschule ist wie die Blockschrift in der japanischen Kalligraphie, in der man jeden Strich einzeln und klar schreibt. Nach dieser Übung geht es weiter in halbfließender und dann in fließender Schrift. Mit anderen Worten, Du machst Deine Schrift allmählich fließend, während Du besser wirst. Wenn Du versuchst, fließend zu schreiben, ohne die Blockschrift zu beherrschen, werden Deine Zeichen nichts weiter als Imitationen sein, tote Linien, denen die lebensnotwendige Energie fehlt.
Aiki News: Das ist, als würde man eine Bewegung O-Senseis der späten Jahre einfach nachmachen.

Takeno Sensei: Aikido Yoshinkan benutzt strenge Techniken als eine Grundlage für fließende Techniken. Aber Yoshinkan-Techniken sind auch sehr schnell. Wenn Dir die Grundlagen fehlen, wirst Du einfach nicht in der Lage sein, Dich schnell zu bewegen, im rechten Augenblick zu reagieren. Du kannst es, wenn Du weißt, was als nächstes kommt, aber …. Jemand sagte einmal: „Es muss für Shioda Senseis Ukes schwierig sein, all diese Techniken für einen Tag einzustudieren. Musst Du Dir wirklich all diese groben Techniken merken?” Diese Leute waren ziemlich erstaunt, als ich Ihnen erklärte, dass nichts geplant ist und sich alle Techniken aus dem Augenblick heraus entwickeln.
Aikido Journal: Sensei, Sie haben Kyoichi Inoue Sensei assistiert, als er an der Polizeischule unterrichtet hatte, stimmt das?
Takeno Sensei: Ja, ich lernte zwar in erster Linie von Shioda Sensei, aber dieser ließ mich an vielen anderen Aktivitäten teilnehmen. 1978 wurde ich ausgesandt, um im städtischen Polizeipräsidium Aikido zu unterrichten. Dort wurde schon seit 15 Jahren vor meiner Ankunft Aikido unterrichtet.

Ich hielt Kyu- und Danprüfungen für weibliche Polizeibeamte und für die Sicherheitsspezialisten der Polizei an der Polizeischule ab. Zusätzlich unterrichtete ich alle Einheiten der Bereitschaftspolizei in einem Rotationsverfahren. Die meiste Zeit verbrachte ich jedoch im Yoshinkan Honbu Dojo und leitete den Unterricht für ausgewählte Mitglieder dieser Einheiten.
Aikido Journal: Welche Fragen stellten Ihnen die Polizeischüler in Bezug auf den Umgang mit gefährlichen Situationen?
Takeno Sensei: Das ist schwer zu verallgemeinern, aber sie fragten z. B. nach dem Umgang mit einem Messerangriff oder was zu tun sei, wenn jemand die Uniformkrawatte packen sollte. Sie stellten Fragen über tatsächliche Situationen, die bei ihrer Arbeit vorkamen oder vorkommen könnten. Man könnte es „Kampf Aiki” nennen.

Sie wollten auch wissen, wie man mit Kriminellen unauffällig und effektiv verfährt. Das Vermeiden von unnötigen Würfen und Schlägen war für sie als Polizeivollzugs¬ beamte ein wichtiger Gesichtspunkt, da sie Bedenken hatten, ihre Handlungen könnten in der Öffentlichkeit als übertriebene Gewaltanwendung betrachtet werden. Selbst ein zu rechtfertigendes Maß an Selbstverteidigung könnte als Polizeibrutalität abgestempelt werden, wenn der Beamte Schläge einsetzt. Kurz vor ihrem Abschluss werden die Spezialisten, die im Honbu Dojo trainieren, auf Ihr Können im Umgang mit echten Situationen getestet. Sie müssen z. B. auf jemanden reagieren, der versucht, ihnen die Pistole zu entreißen. Wir testen ihre Fähigkeit, mit solchen Situationen aus dem wirklichen Leben umzugehen. Auch versuchen wir Elemente einzubringen, die bei einer Verhaftung auf die eine oder andere Weise nützlich sein könnten.
Aikido Journal: Haben Sie bei der Polizei Atemi unterrichtet?
Takeno Sensei: Ja, aber ich habe sie angewiesen, nicht auf Kontakt zu gehen. Sie können Atemi als Ablenkung oder als Test verwenden, aber ich erachte es für Polizisten als unnötig, hart zuzuschlagen. Deshalb arbeiteten wir am leichten, schnellen Atemi, vor allem zum Gesicht. Wissen Sie, für Atemi muss man die Faust nicht unbedingt fest schließen. Ich glaube, man kann ihn schneller ausführen, wenn man entspannt ist. Leicht ausgeführt, gibt einem Atemi die Möglichkeit freier mit dem Gegner zu verfahren. Ich bin sehr eigen in Bezug auf Atemi und bestehe darauf, Atemi schnell und mit guter Form auszuführen. Wenn meine Partner meinem Atemi nichts entgegensetzen, führe ich ihn bis zum Ende aus. Auf diese Weise wissen sie, ob ihre Abwehr wirkungsvoll ist oder nicht. Das gleiche gilt für den Angriff. Ich weise immer darauf hin, mit Nachdruck und nicht halbherzig zu schlagen. Auf diese Weise würdest Du getroffen, wenn Deine Abwehr fehlerhaft ist.

Mit anderen Worten: „Kenne die Stärke Deines Gegners!” Ich glaube, das Erkennen des Partners ist verbunden mit Selbsterkenntnis. In meinem Dojo verwende ich Zeit darauf, den Leuten sowohl die Wirksamkeit ihrer Technik, als auch ihre Grenzen beim Abwehren von Techniken testen zu lassen. Im Training sage ich dann meinen Schülern sich nicht zu bewegen, wenn ihr Gleichgewicht nicht wirklich gebrochen ist, nicht zu fallen, wenn ein Hebel nicht gut angesetzt ist und nicht nachzugeben, bevor eine Technik wirkungsvoll angebracht wird.
Aikido Journal: Ich glaube nicht, dass es viele Dojos gibt, welche diese Art von Training durchführen.
Takeno Sensei: Wir sind in der Lage so zu trainieren, weil alle regelmäßig kommen. Es wäre unmöglich, wenn die Leute nur einmal wöchentlich oder so, kommen würden Ich dränge meine Schüler beständig, ihre Kräfte verstehen zu lernen. Ich sage ihnen, wenn ihre Ausweichmanöver halbherzig sind, sie nicht in der Lage sind, ihren Körper zu bewegen. Auch im regulären Training sage ich meinen Schülern, kraftvoll nach vorne zu gehen, ganz egal, wer angreift. Eigentlich sage ich ihnen, nicht auszuweichen, sondern hineinzugehen. Ich glaube, auch der Versuch einen Gegner zu fassen, führt fast immer zur Niederlage. Es erscheint mir als besser, den Gegner zum Angriff einzuladen, ihm anzubieten jederzeit kommen zu können. Es ist ein großer Unterschied, wenn man einem Angreifer gegenübersteht und ruhig zu denken: „Du kannst jederzeit angreifen!” oder zu denken: „Wie wird er mich wohl angreifen?” Die zweite Version ist sehr passiv und Du bist durch Deine geistige Einstellung bereits besiegt. Auch wenn man Formen langsam übt, sollte man mit der gleichen Haltung arbeiten, auch dann solltest Du dem Angreifer immer einen Schritt voraus sein oder Du wirst nicht in der Lage sein, Deinen Körper genügend zu bewegen.

Shioda Sensei verwendet immer eine extrem energische Irimitechnik. Ich war oft sein Uke und ich glaube wirklich, dass er anstatt nur zu blocken oder auszuweichen, tatsächlich nach vorne geht. Folglich solltest Du auch beim Blocken und Ausweichen immer nach vorne gehen. Versuche deshalb beim Üben nie an einem Platz zu bleiben. Ich glaube, diese Art der Bewegung macht nicht nur schneller, sondern bringt auch die bessere Technik. Sogar beim sog. Kata- oder Formentraining solltest Du, anstatt Deinen Geist mit der Bewegungsfolge zu belasten, einfach hineingehen und die Technik ausführen. Man könnte auch sagen, nur Techniken, die prompt funktionieren, können als wahre Techniken bezeichnet werden. Techniken, während derer Ausführung man denkt: „Ah, als nächstes mache ich es so und so …” können nicht als Techniken bezeichnet werden.
Aikido Journal: Aus der Sicht anderer Kampfkünste erscheinen Aikidotechniken oft uneffektiv für den tatsächlichen Kampf.

Takeno Sensei: Vielleicht wäre es besser, das Training in verschiedene Kurse zu unterteilen. In einem Kurs, der den Schwerpunkt in Aikido als Kampfkunst sieht, ist es das Ziel, Spezialisten zu trainieren. Dementsprechend ist das Training darauf ausgerichtet, Kraft und Technik zu entwickeln. Wenn das Ziel aber Spaß und Gesundheit ist, muss das Training auch darauf ausgerichtet sein. Ein Mischen beider Formen führt leicht zu Problemen. Wenn nur einer aus von zehn Übenden die Absicht hat ein Profi zu werden, ziehen die anderen den Kürzeren.

Wir betreiben Budo Aiki, wie es uns von Shioda Sensei gelehrt wurde. Wer sich Shioda Senseis extrem scharfe Techniken anschaut, wird verstehen, was ich meine. Viele Leute sind überrascht, dass es solch ein Aikido überhaupt gibt und wollen mehr über dieses Budo Aiki erfahren. Folglich glaube ich nicht im geringsten, Aikido sei anderen Kampfkünsten unterlegen. Eigentlich, denke ich, ist es etwas worauf man stolz sein kann.

Der Lehrer muss aber seinen Unterricht je nach Schülertyp verändern. Der kämpferische Aspekt des Aikido wird verloren gehen, wenn alle Schüler gleich trainiert werden. Auch werden die gewöhnlichen Schüler kein Training akzeptieren, bei dem dieser Aspekt dominiert. Lehrer müssen auf diese verschiedenen Ziele eingehen und aus ihrem Repertoire das Entsprechende anbieten können. Natürlich bedarf es hierzu eines umfangreichen Wissens auf Seiten des Lehrers. Leute, die sich für den Budoaspekt des Aikido interessieren, sollten natürlich eine kämpferische Einstellung mitbringen. Die Profis müssen selbstverständlich auf diese Weise trainieren. Wenn man sich aber ausschließlich auf diese Trainingsform versteift, kann die eigentliche Natur des Aiki verloren gehen. Es ist also eine heikle Sache.
Aikido Journal: Ich habe so das Gefühl, als wäre eines der häufigsten Probleme im Aikidotraining, dass die richtige Art des Angriffs nicht verstanden wird. Was könnte ich tun, wenn mich jemand angreift, der stärker ist als ich? Was, wenn meine Familie angegriffen wird und es läge an mir, sie zu beschützen? Hier erscheint es wesentlich zu wissen, wie man angreift und diesen Angriff auch zu beherrschen.

Takeno Sensei: Ich weiß, dass sich die Techniken, die ich der Bereitschaftspolizei beigebracht habe, als effektiv erwiesen haben, weil ich ihre Geschichten über die Anwendung von Aikido in echten Situationen gehört habe. So überwältigte z. B. ein im Aikido trainierter Wächter in der Residenz des Premierministers einen Mann, der ein Messer schwingend das Anwesen betrat. Wenn ich die Polizei unterrichte, sind manchmal Neulinge dabei, die sagen: „Aikido, ach das ist doch das, was sie den Polizistinnen beibringen.” Aber die Erfahrenen unter ihnen wissen um die Stärke des Aikido und drängen dann oft: „Na, dann geh doch vor und probier’s mal aus!”

Wie Sie es gesagt haben, sind sich die meisten unsicher darüber, wie sie mit realen Angriffen umgehen sollen. Deshalb frage ich immer, welche Situationen sie schon erlebt haben und unterrichte entsprechend.
Aikido Journal: Ich bin sicher, alle wollen dieses kennen lernen.
Takeno Sensei: Wenn Dich jemand angreift, kannst Du ihn vielleicht mit einem Tritt oder einer Judotechnik umwerfen, aber solch harte Methoden können leicht zu unnötigen Verletzungen führen. Ich unterrichte der Polizei immer verschiedene Techniken, die sie als Alternativen in solchen Situationen einsetzen können.
Aikido Journal: An welchen weiteren Dojos unterrichten Sie derzeit?
Takeno Sensei: Neben diesem Dojo hier unterrichte ich in Dojos in Hikawa und Shirane. Ich unterrichte außerdem an der buddhistischen Universität in Kyoto und an der medizinischen Universität von Yamanashi. Der Aikidoclub der Yamanashi Universität wurde erst dieses Jahr (1994) offiziell anerkannt. Einer der Studenten sah einmal beim Training zu und ich fragte ihn, ob er es einmal probieren wolle. Meine Devise ist es, den Leuten ein Probetraining zu ermöglichen, bevor sie sich einschreiben. Im Training wurde der junge Mann von einer Frau auf die Matte gelegt. Überrascht fragte er mich, wie er so leicht geworfen werden konnte und so erzählte ich ihm ein wenig über Aikido. Egal, wie oft er es versuchte, er wurde immer geworfen. „Es ist zu einfach!” rief er die ganze Zeit. Die Frau hielt ihn ständig unter Kontrolle, indem sie locker seine Hand fasste, ein bisschen Kraft in die Technik legte und ihn warf. Später kam er mit ein paar Freunden wieder, die auch einen skeptischen Versuch wagten. Sie waren fasziniert und fragten, ob ich sie unterrichten würde. Nachdem sie regelmäßig zum Training kamen, sagte ich ihnen meine Unterstützung zu, falls sie an ihrer Universität einen informellen Club eröffnen wollten, da es dort so viele interessierte Leute gibt. Sie griffen die Idee auf und das war der Anfang des Clubs. Heute, nach drei Jahren, wurden sie offiziell als Aikidoclub anerkannt.

[An japanischen Schulen und Universitäten gibt es viele Clubs für alle möglichen Interessen. Sie haben eine äußerst hierarchische Struktur und sind von einem starken inneren Zusammenhalt geprägt. Von einmal beigetretenen Mitgliedern wird viel Engagement verlangt und man kann nicht einfach wieder austreten, ohne das Gesicht zu verlieren. Anmerkung des Übersetzers]
Aikido Journal: Wie steht es um Trainingsaustausch mit anderen Universitäten?

Takeno Sense/: Ich denke, Trainingsaustausch ist wichtig und ich dränge die Studenten dazu, wann immer möglich, daran teilzunehmen. Erst kürzlich gab es ein Gespräch über einen Trainingsaustausch mit einer bestimmten Universität in der Präfektur Chiba. Die derzeitigen Mitglieder waren davon begeistert, aber den „alten Herren” gefiel die Idee nicht und so wurde nichts daraus.
Aikido Journal: Um das Thema zu wechseln: Würden Sie uns ein wenig über Ihre Erfahrungen als Uchi Deshi im Yoshinkan Honbu Dojo erzählen?
Takeno Sensei: Damals war der Unterricht im Yoshinkan ziemlich breit gefächert und allgemein gehalten, weshalb es unmöglich war, nur von den Erklärungen allein etwas zu verstehen. Man lernte durch ständiges Wiederholen mit dem Körper. Inzwischen wurden logische Trainingsmethoden eingeführt, die das Training sogar für Anfänger relativ einfach gestalten.

Als ich Uchi Deshi war, lernten wir zuerst die Mechanik einer Technik und entwickelten diese dann zu einer fließenden Bewegung weiter. Wir übten, bis wir eine Technik in- und auswendig konnten. In den ersten drei Monaten nach meinem Eintritt war alles was ich lernte ein grundschulmäßiger Shihonage. Shihonage jeden Tag! Den ganzen Tag lang übte ich Kamae und Shihonage. So wurde damals trainiert. Du hast Deinen Körper so lange mit diesen Grundformen geschmiedet, bis Dein Körper sie wusste. Heute haben die Leute sicher eine gute Form, aber sie sollten den Prozess ein zweites Mal betrachten. Die Form fungiert als Trittbrett zum nächst höheren Niveau, als ein Resultat des Prozesses, aus dem sie entstand. Es gibt nichts im Training, was nicht wichtig ist. Im Training erwähne ich immer, nichts als Zeitverschwendung zu betrachten. Nehmen wir z. B. das Thema Kraft. Jemand, der noch nie versucht hat, Kraft in eine Technik zu legen, wird nicht verstehen, was es bedeutet, keine Kraft aufzuwenden. Ich lasse alle soviel Kraft verwenden, wie sie wollen, dann können sie selbst entdecken, dass dies nicht den gewünschten Erfolg hat. Sie merken es, ohne es gesagt zu bekommen. Die Schüler erkennen langsam die Sinnlosigkeit, sich mit Kraft durch die Techniken zu kämpfen und beginnen andere Perspektiven zu verstehen.

Es wurden zwar ausgetüftelte und logische Unterrichtsmethoden entwickelt, wenn man aber am Anfang die Logik überstrapaziert, könnten die Schüler das Wesentliche einer Technik verpassen. Wer in einem Dojo unterrichtet, trägt eine große Verantwortung. In einem einstündigen Training muss der Lehrer darauf achten, dass jeder diese Stunde voll nutzt und zufrieden ist. Ich denke, ein „Einwegunterricht” ist nicht gut. Wenn ich unterrichte, achte ich stets genau auf die Verfassung der Schüler. Ich achte auch darauf, ob viele Anfänger darunter sind oder ob die Mehrzahl Frauen sind usw. Ich verändere die Trainingsinhalte ent¬sprechend der Beteiligung. Ich sende eine bestimmte Energie aus und wenn die Schüler darauf ansprechen, kann ich sie zu einem höheren Niveau führen. Ich finde, es geht für den Lehrer weniger um das Unterrichten, als vielmehr um einen Lernprozess für ihn selbst. Das habe ich von Shioda Sensei gelernt. Der Lehrer hat darauf zu achten, wie die Schüler seine Unterrichtsmethoden aufnehmen und abzuwägen, was gut ist und was nicht. Andernfalls verfängt sich der Lehrer in bestimmten Mustern. Es ist in Ordnung, nur eine Unterrichtsmethode zu verwenden, aber man braucht noch ein paar Extras, um den Unterricht interessant zu gestalten, z. B. den Fortgeschrittenen ein paar weitere Details zu erklären. Auch wenn die Anfänger zuerst die Form üben sollen, ist es manchmal hilfreich zu sagen: „Leg etwas Kraft hinein und sieh, was passiert!”

Je nach Schülertyp, versuche ich, die gleiche Technik auf verschiedene Arten zu unterrichten. Wenn jemand verloren wirkt, gebe ich ihm individuelle Ratschläge. Das Training hier mag immer gleich erscheinen, aber eine nähere Betrachtung zeigt, wie variantenreich es eigentlich ist. Es mag ein wenig Kritik darüber geben, dass meine Unterrichtsweise ein bisschen zu locker sei, aber es ist nun einmal unmöglich für mich, in die Körper meiner Schüler zu steigen. Wenn ich mich drehe und meinen Körper bewege, dann mache ich das mit meinem eigenen Gleichgewicht, meiner eigenen Konstitution und Persönlichkeit. Es gibt keinen Weg für mich in die Körper meiner Schüler zu steigen. Alles, was ich tun kann, ist es so gut als möglich vorzuführen, ob ich mich drehe oder was auch immer mache. Folglich kann alles, was ich den Schülern erzähle, nie mehr als ein Ratschlag sein.

Wir haben Morihei Sensei, Shioda Sensei und all die anderen großen Lehrer. Shioda Sensei und die anderen „Großen” haben alle ihr einzigartiges Aikido, aber ich halte es nicht für möglich, sie einfach zu kopieren. Dies ist eins der Dinge, die Budo so interessant machen. Die Gedanken der Menschen, ihr familiärer Hintergrund und alle anderen Einflüsse, die auf sie wirken, sind komprimiert und explodieren dann in ihrer Technik.
Aikido Journal: Für Ueshiba Sense; war Budo immer stark mit Religion verbunden, oder nicht? Aber darüber hört man nicht viel im modernen Training. Halten Sie es für notwendig, Religion oder spirituelle Aspekte in das Aikidotraining mit einzubeziehen?
Takeno Sensei: Ich weiß nichts über Religion, aber ich glaube doch, dass sie wesentlich dazu beiträgt, den Geist (engl.: spirit, hier auch Kampfgeist, psychische Kraft, Ausstrahlung, A.d.Ü.) zu stärken.

Ob nun durch Religion oder etwas anderes, im Aikido ist es unverzichtbar, den Geist zu stärken. Ohne einen gewissen Anteil davon ist Aikido undenkbar und das trifft wohl auch für jedes andere Budo zu.

Besonders im Aikido haben wir „Ki”, was für sich ein unglaublich komplexes Konzept darstellt, aber auch ein sehr interessantes. Man kann es mit Worten nicht richtig beschreiben, aber es ist eine sehr feine Energie, wenn Sie so wollen, etwas sehr Tiefgründiges, durch das man den Verstand und den Geist (mind and spirit) kontrollieren kann. Ich glaube, es ist nicht möglich, diese Ki-Energie ohne spirituelle Entwicklung zu offenbaren. Es ist leicht, die Energie zur Flucht zu finden oder dazu, den leichten Weg zu wählen.
Aikido Journal: Ich habe gehört, dass in traditionellen Kampfkünsten immer der Lehrer oder der „ältere” Schüler die Rolle von Uke übernimmt. Im Aikido hingegen scheinen die Leute nicht mehr zu trainieren, sobald sie Trainer geworden sind und wenn sie einmal fünfzig Jahre alt sind, sind sie gar nicht mehr in der Lage Ukemi auszuführen.
Takeno Sensei: Das ist richtig. In den klassischen Kampfkünsten (Kobudo) übernehmen die Budoka umso mehr den Part von Uke, je mehr Erfahrung sie haben oder je höher ihr Rang ist. Das ist so, weil sie dem Partner helfen, sein Ki hervorzubringen. Eigentlich gilt dies auch für Aikido. Ich denke, Alter spielt keine große Rolle, wenn wir jetzt anfangen, diese Art von Ukemi zu entwickeln.

Es ist eigentlich sowieso nicht nötig, extra hart zu werfen. Als Uke ist es wichtig, den Partner beim Erlernen der Distanzänderungen (maai) behilflich zu sein und ihm z.B. zu zeigen, wie man einen Fall übersteht. Derjenige, der fällt (uke) kann dem anderen helfen, sein Ki zu entwickeln und das Zusammenspiel – man könnte es vielleicht „Atem” (kokyu) nennen – das zwischen beiden Partnern herrscht, zu verstehen.

Allein das Beachten dieser Dinge wird Deinem Partner helfen zu verstehen, wie man angreift und richtig Uke macht.

Gelegentlich ist es gut für Uke, zu versuchen, die Rollen zu vertauschen und zu kontern. „Kannst Du Dich bewegen? Du kannst Dich nicht bewegen, oder? Ein flinker Konterangriff wie dieser kann Dich leicht bewegungsunfähig machen!” Ich glaube, auch diese Art von Ukemi gibt es.

Mit dem Alter verändert sich die eigene Technik, also ändert sich das Ukemi natürlich auch. Es gibt viele verschiedene Arten von Ukemi. Du machst Ukemi nicht einfach, weil Du geworfen oder gehalten wirst, sondern auch, um Deinem Partner Dinge mitzuteilen, wie das Zusammenspiel zwischen Euch, das Verringern der Distanz oder den Gebrauch der Augen (metsuke). Es gibt auch verschiedene Stufen von Ukemi. Anfänger haben noch keine Vorstellung davon, wie sie eine Technik ausführen sollen, d. h. Deine Aufgabe als Uke ist es, sie durch die Technik zu führen. Anfänger versuchen immer, sich ihren Weg durch die Technik zu schieben oder zu ziehen, auch wenn man sie anweist, keine Kraft zu verwenden. Als Uke kannst Du sie aber so durch die Technik führen, dass ihnen klar wird, wie nutzlos der Krafteinsatz ist. Wenn sich die Schüler ein Bild machen können, sind sie in der Lage mit diesem Bild im Kopf zu üben und runde Bewegungen zu entwickeln. Die Rolle von Uke ändert sich völlig je nach Verständnisgrad und Trainingsziel. In diesem Sinne ist Ukemi wohl einer der schwierigeren Aspekte im Aikido.

Viele junge Leute sind von Ukemi fasziniert. Es ist eine gewisse Freude, Ukemi auszuführen, da das Beherr¬schen eines neuen Ukemi wie das Erlernen einer neuen Technik ist. Natürlich ist es auch möglich, das Ukemi zu enthusiastisch zu betreiben, was zu Fehlern führt.

Aikido kommt ursprünglich von den Prinzipien des Schwertkampfes. Beim Fechten ist man in der Lage, auch ganz leichte Bewegungen des Gegenübers zu spüren, was einem den Moment des Angriffs erkennen lässt. Wir sollten solche Dinge studieren und in unser Aikido integrieren. Natürlich reden wir oft über die Prinzipien des Schwertes, aber wir trainieren nicht oft damit.

Wann immer ich mit dem Schwert trainiere oder den Jyo verwende, tue ich das im Hinblick auf Aikido und versuche dieses zu ergänzen. Es kann auch sehr anregend sein, mit dieser Einstellung Demonstrationen anderer Kampfkünste zu beobachten. Ich schaue mir das an und denke: „Das ist eine interessante Art, die Distanz zu überbrücken … Diese Beinarbeit ist interessant … Das war ein gutes Timing …” Und ich denke darüber nach, ob ich diese Dinge nicht in meinem Aikido verwenden könnte.

Wenn Du all dies mit Aikido in Verbindung setzt, dann glaube ich nicht, dass Du Gefahr läufst, das Aikido aus den Augen zu verlieren. Ohne Aikido als gemeinsamem Bindeglied wird man dazu neigen, vieles nur einseitig zu betrachten. Einige bestehen oft darauf und sagen: „Das ist anders als im Aikido! Das ist nicht Aikido!” Man kann das aber nicht wissen, ohne es ausprobiert zu haben und man kann nicht einfach solche Behauptungen aufstellen, wenn sie nur auf einer Vermutung gründen.
Aikido Journal: Was Sie hier haben, ist so etwas wie ein „Dojo-Labor”, nicht wahr?
Takeno Sensei: Ja, Sie könnten es so nennen. Ich möchte es sehr gerne als ein Umfeld sehen, das der Forschung dienlich ist. Ich selbst beherrsche nur einen kleinen Teil der Myriaden von Techniken, die ich von Shioda Sensei gelernt habe, aber ich behalte Senseis Techniken im Kopf und versuche sie zu verwirklichen. Ich glaube, Forschung ist absolut notwendig. Ich habe viel von Shioda Sensei gelernt, aber vieles davon bleibt unverdaut und es gibt vieles, was ich nicht verstehe. Das Training wird sehr ernst, wenn wir diese Sachen aus der Schublade holen, eines nach dem anderen, und es zusammen üben. Ich denke auch, es ist gut für meine Schüler, hinauszugehen und an einigen anderen Orten aktiv zu werden.

In meinem Dojo lernen die Schüler zuerst die korrekte Form, wenn aber die Grundform beherrscht wird, ermutige ich sie, ihre Techniken zu bearbeiten. Erst sollte die richtige Form entwickelt werden, aber die Form ist allemal nur eine Matrize und ab einem gewissen Punkt sollte sie sich als wahre Technik offenbaren. Die Form selbst sollte nicht verändert werden, aber ich halte es danach für möglich, die Technik verschiedenen Gelegenheiten anzupassen.
Aikido Journal: Alle Angriffe sind etwas verschieden, also muss auch die Technik angepasst werden.

Takeno Sensei: Eigentlich sogar so sehr, dass es schwierig ist, sie als Techniken zu bezeichnen. Der Ausdruck „Ein Meisterstück von einem Schwert” wird verwendet, um auf eine besonders gute Klinge hinzuweisen. Es gibt keine zwei, die sich gleichen. Ebenso gibt es keine zwei gleichen Techniken.

Technik ist nicht nur einfache Bewegung. Nur, wenn das Zusammenspiel von Geist und all den anderen Aspekten in Dir vereint und komprimiert sind, kann man von Dir sagen, Du hättest Technik. Es ist einfach, das Wort Technik auszusprechen, aber Technik wirklich zu meistern, ist ziemlich schwierig. Tatsächlich ist es die Schwierigkeit der Technik, die alles interessant macht und um deren Willen es wert ist weiterzumachen.

Wenn ich unterrichte, belästige ich meine Schüler nicht mit zu vielen Worten. Ich lasse sie frei üben. Die Schüler werden aber nicht folgen, wenn ich ihnen kein Bild meiner Idealbewegung zeichne und sie dazu anrege, sich diesem mehr und mehr zu nähern. Ich kann jedoch auch nichts verlangen, was ich selbst nicht beherrsche. Nur über die Dinge zu sprechen funktioniert nicht. Zeige ich etwas, das innerhalb meiner Möglichkeiten liegt, überzeuge ich die Schüler.
Aikido Journal: Der Trainer eines 10Om-Sprinters muss nicht in der Lage sein, selbst die 100m unter 10s zu laufen. Es reicht, wenn sein Schüler schnell ist. Aber Budo ist anders. Kann man die Technik nicht ausführen, wird niemand überzeugt sein.

Takeno Sensei: Das ist im Aiki sehr wichtig, glauben Sie nicht? Es geht nicht nur darum sein Bestes zu geben. Das Niveau ist nicht so niedrig. Wer unterrichtet, sollte echte Fähigkeiten entwickeln. Hast Du diese noch nicht, musst Du eben weiter üben. Dann musst Du Deine Schüler überzeugen.

Auf meinem jetzigen Niveau ist alles, was ich tun kann, mir selbst gegenüber hundertprozentig aufrichtig zu sein. Ich gestehe mir klar ein, was ich nicht kann oder womit ich falsch verstanden werden könnte. Nach allem, was ich weiß, könnte sich meine Technik in den nächsten fünf Jahren radikal verändern. Das mag etwas stark klingen, aber auf jeden Fall ändern sich Techniken mit den Umständen und in diesem Sinne sind sie lebendig.

Schüler behaupten oft, eine Technik funktioniere nicht oder sie seien nicht in der Lage, sie richtig auszuführen. Ein gewisser Grad an Nachahmung ist sicher notwendig, aber dann heißt es haltmachen. Es ist wichtig, sich zu fragen: „Warum ist das Gleichgewicht des Gegners nicht gebrochen? Warum funktioniert es bei mir nicht auf die gleiche Weise?” Mit solchen Fragen ermutigt man tiefer zu graben. Es reicht nicht zu sagen: „Es klappt nicht! Zeig mir, wie es geht!” Man sollte von sich aus zumindest nach dem „Warum” fragen.

Die Schüler sollten eine Einstellung haben, die sie sofort nach dem „Warum” fragen lässt. Auf dieser Suche werden sie finden, was ihnen fehlt, um es gut zu machen. Im Gegensatz dazu sehen sie, auch wenn Du die Technik noch einmal zeigst, nur die äußere Form. Die Schüler scheinen einen Moment lang zu verstehen, aber kurze Zeit später sagen sie wieder: „Ich kann es nicht!” Oder aber, die Technik versagt bei einem anderen Partner. Ich sage immer, Techniken, die nur bei bestimmten Partnern möglich sind, sind keine wahren Techniken. Nur wenn sie immer funktionieren und das Gleichgewicht eines jeden Gegners brechen, sind sie wahre Techniken.

Diese Punkte allein bieten eine ungeheure Menge an Lehrmaterial. Zusätzlich zur Bewegung und zum Ki-Fluß möchte ich, dass die Schüler andere, wirklich faszinierende Aspekte des Aikido entdecken und untersuchen. Heutzutage wird auch viel über Ki geredet, aber ich denke, es ist zu wichtig, um es auf die leichte Schulter zu nehmen. Ein ober¬flächliches Verständnis von Ki ist nicht wünschenswert.

Man kann die Ki-Kraft auch steigern ohne die Geschwindigkeit zu erhöhen. Eigentlich ist es langsamer ausgeführt sogar schwieriger. Was ich meine ist nicht wirklich langsam, sondern vielmehr mit dem richtigen Timing. Mit hohem Krafteinsatz ist es echt schwer, das richtige Timing zu finden. Schlechte Technik kann man nur schwer verstecken, wenn man sich langsam bewegt. Langsame Bewegung bringt alles an den Tag.

Es wäre interessant, Aiki in Zeitlupe zu sehen. Ich stelle mir vor, wenn man einen Film von O-Sensei oder von Shioda Sensei in Zeitlupe betrachten würde, könnte man das feine und exakte Zusammenspiel mit ihren Gegnern erkennen. Es wäre gut, auch den Ausdruck ihrer Augen zu betrachten. Shioda Senseis Augen sind so schrecklich, dass er Dich fast mit den Augen allein kontrollieren kann.

Ich habe über meine Ansichten zur Unterrichtsmethodik gesprochen, aber am Ende ist es nur der Enthusiasmus aller, der es mich auch verwirklichen lässt. Ohne diesen Enthusiasmus, der den Menschen aus dem Herzen quillt, wäre es wie in einer Firma, in der die Menschen kommen, ihre Zeit absitzen und wieder heimgehen. Eine solche Atmosphäre passt nicht zu einem Budo-Dojo. Meine Schüler helfen mir sehr, denn es ist ihr Enthusiasmus, der mich sagen lässt: „Kommt, lasst uns Aikido machen!” Meine Schüler sind meine Energiequelle.
von Stanley Pranin
Aiki News #99 (1994)
Übersetzt von Stephan Otto

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