Mit gesundem Menschenverstand auf das Aikido blicken- Yoshio Kuroiwa Teil 1

Da es im Aikido keine Kämpfe gibt, sollten wir vorsichtig über die Natur unserer Praxis denken. Die spirituelle Seite der Praxis ist auch wichtig, aber wenn wir sie überbetonen wird unsere Ausbildung idealistisch in der Natur und der realistische Aspekt wird vernachlässigt. „Kata“ (Form) und „Waza“ (Technik), müssen in der Praxis korrekt erkannt werden.

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Kata zu Waza

Das Kata sollte nach einer bestimmten Reihenfolge oder verabredetem Verfahren, das auf einem rationalen Verhältnis (riai) basiert ist, durchgeführt werden. So fallen wir nicht, weil wir geworfen werden, sondern wir üben ein Kata, das dafür entworfen wurde, damit wir geworfen werden. Wenn wir eine rationale Bewegung (Kata) meistern, wird sie als eine natürliche Bewegung (Waza) ausgedrückt. Das heißt, wenn Du in der Lage bist, ein Kata spontan auszuführen als Ergebnis wiederholter Praxis, bist Du nicht mehr bei der Durchführung eines Katas, sondern bei der Ausführung eines Waza. Wir lernen durch das Kata und sind uns dieser Tatsache nicht bewusst. Mit anderen Worten, solange die Bewegungen unsere Aufmerksamkeit erfordern sind sie Kata, wenn das Kata spontan wird, wird es ein Waza.

Wir üben erst Grundkata (Kihon Waza, die Grundtechniken), um die Bewegungen des Aikidos zu lernen. Die Grundlagen sind die Normen (die Art des Sehens und Denkens) und eine gemeinsame Perspektive um die Dinge mit dem richtigen Sinn zu beobachten. Wir müssen das Wesen des Kata verstehen, nicht seine äußere Erscheinung.

Zum Beispiel in einem Puzzle mit ineinandergreifenden Holzteilen, kennt man die Platzierung (Stabilität) von jedem Stück durch das Verständnis seiner Form und Natur. Auf die gleiche Weise können wir die Kata ausdrücken, die für alle Menschen gleich sind, indem man die gemeinsamen Grundteile der Struktur des menschlichen Körpers zeigt (zum Beispiel Punkte wie, dass die Ellenbogen sich nur nach innen biegen lassen) zum Ausdruck bringt, und wir sollten diese grundlegenden Teile rationell nutzen. Es mag übertrieben sein, die Begriffe „rational“ oder „logisch“ zu benutzen, aber diese Begriffe sind nur eine Frage des gesunden Menschenverstandes und brauchen keine Erklärung.

So lange wir dabei bleiben, die Kata oberflächlich anzusehen, werden wir anfangen zu denken, dass sie von besonderer Bedeutung sind. Man kann kein Kata systematisch und rational erklären, nur durch das Lernen in einer sich wiederholenden Art und Weise ohne Verständnis, warum bestimmte Kata als Grundkatas gelten. Was wir durch das Lernen von nur Wiederholung erwerben, ist die Erhaltung der Form (die Übertragung der äußeren Form) und nicht die Fähigkeit, (Verständnis für das Wesen des Kata) zu schaffen. Mit anderen Worten, man versteht nicht, was man tut.

Grundlagen sind nicht etwas was geübt werden kann, sondern was man verstehen muss. Was sie zeigen, sind die Mechanismen, wie man einen Gegner aus dem Gleichgewicht bringt und eine Gelegenheit für die Anwendung einer Technik schaffen kann. Wenn Du dies missverstehst, und es als Leitung und Führung deutest, wird es Dich zu der Annahme bringen, dass man seinen Gegner zirkular führen kann. Dies geschieht, weil man nicht weiß, dass einen Partner zirkular zu führen, Trennung  bedeutet und bemerkt nicht, dass die Praxis ein Ausdruck von Yin ist und dass der Einsatz der Macht im Aiki Schieben einschliesst.

Kata: Ein Trainings Werkzeug

Im Training üben wir viele Techniken, aber sie sind alle Variationen einer einzigen Haltung. Daher sind ikkyo, shihonage und andere Techniken die gleichen. Der Grund warum sie anders erscheinen ist nur, weil ihre äußere Erscheinung zu sehen ist. Die Kata sind die Expression einer Reihe von Variationen durch Bewegungen von einer einzigen Haltung und sind nichts weiter als ein Werkzeug für das Training des Körpers, sich frei zu bewegen. Die Idee, dass eins alles ist und alles eins ist, ist nicht nur eine spirituelle Angelegenheit. Es ist wahr, also auch für unseren Körper wahr.

Es ist nicht so, dass es eine andere Methode gibt, abhängig von der Technik, zum Beispiel, dass Ikkyo in der einen Weise praktiziert wird und die oder die Technik in einer anderen Weise. Sie alle sind Manifestationen einer einzigen Bewegung. Das heißt, wir üben verschiedene Kata um eine Original einzelne Bewegung zu verstehen. Es ist nicht so, dass Ikkyo und Shihonage von Wert als Grundtechniken sind. Wir praktizieren sie nur als ein bequemes Mittel, um das Yin und Yang der (Grund-) Haltung zu verstehen.

Aikido ist eine Yin Praxis. Mit Judo als Beispiel, ist es wie eine Praxis mit einem Partner eher als Randori (freies Training). Yin Praxis stellt in erster Linie eine vereinbarte Praxis-Sequenz dar. Somit ist der Wechsel im Training von der Aufnahme des Angriffs auf die Anwendung der Technik nur möglich, wenn ein Unterschied in der Fähigkeit besteht. Wenn die Fähigkeit des Gegners überlegen ist, ist dies nicht möglich. Dies ist ein wesentlicher Punkt in der Praxis.

Die Waza (natürliche Bewegung) werden unserem Niveau und ihrer Substanz (Techniken) ausgedrückt, sie werden jedes Mal anders manifestiert. Das ist so, weil das, was man natürlich besitzt (die Fähigkeit eines Menschen, wie sie durch wiederholter Praxis erworben wird) durch bestimmte Relationen (Formen) ausgedrückt wird.

Fähigkeit ist der Stoff der Technik

Angenommen, wir haben einen teuren, gut gemachten Füllfederhalter. Egal, wie gut er gemacht ist, hängt sein endgültiger Wert von der Person ab, die ihn benutzt. Jemand mit schlechter Handschrift kann nicht gut schreiben, auch wenn er einen guten Füller benutzt. Ein erfahrener Kalligraph kann jedoch schön schreiben, auch wenn er einen billigen Stift benutzt. Es ist nicht so, dass der Stift den er verwendet gut ist, eher, dass die Fähigkeit des Autors als Ergebnis seiner langjährigen Erfahrung ausgezeichnet ist. Die Fähigkeit selbst ist die Substanz der Technik. Nur diejenigen, die die Fähigkeit besitzen, können etwas gutes mit einem gut gemachten Füller machen. Wenn wir das nicht verstehen, werden wir beginnen, den Techniken (Waza) übermäßige Bedeutung zu geben und denken, dass sie geheim sind, was gleichbedeutend mit unserer Annahme ist, dass ein teurer Füllfederhalter es uns ermöglicht, gekonnt zu schreiben. Es ist wichtig, dass wir verstehen, dass Techniken Werkzeuge für uns sind,  um „etwas“ zu fühlen. Dieses „etwas“ ist das eigene Gefühl der Zufriedenheit, wenn wir in der Lage sind, uns frei auszudrücken durch unsere natürliche Fähigkeit, unser Körper in Form von Technik.

Nachlässige Verwendung von „Ki“

Ob die Technik als etwas Geheimnisvolles oder etwas Gewöhnliches ausgedrückt wird, hängt davon ab, was jeder Lehrer fühlt, aber das sollte keine Rolle für diejenigen spielen, die lernen. Jemand, der seine Aktionen grundlos geheimnisvoll zu machen versucht, ist wie eine Person, die sinnlose Bewegungen (wörtlich „Tintenfisch Tanz“) ohne Verständnis macht. Wie das alte Sprichwort sagt, müssen wir verstehen, dass wir ein Pferd zum Wasser führen können, aber es liegt an dem Pferd zu wählen, ob es trinkt oder nicht. Die Ergebnisse der Erleuchtung (in Aikido, „ki“) leicht zu behandeln, auf der Grundlage der Askesen der Vorreiter, die uns vorangegangen sind, ist wie die Ausübung eines selbsternannten Aikis mit einem verblendeten Geist, was eine selbst ernannte Zen-Philosophie ist. Es ist unmöglich  „ki“ so leicht zu verstehen. Durch die tägliche Praxis werden wir eines Tages plötzlich darauf kommen, es zu verstehen, jeder nach seinem Niveau, Fähigkeiten und Flexibilität, die die Menschheit von Natur aus besitzt.

Das Training muss wissenschaftlichen und rational sein. Es ist ein Fehler, leichtfertig religiöse Philosophie zu verwenden. Die Kampf Praktiker der alten Zeiten verbesserten sich durch ihre (nicht-philosophischen) Erfahrungen und fanden dann etwas gemein mit der Welt der Religion. Wenn man den Höhepunkt von einer Master Erleuchtung von Anfang an versteht, braucht man überhaupt keine Mühe. Durch der achtlosen Verwendung des Wortes „ki“  durch nachlässige Lehrer, werden Komplikationen eingeführt, die es für die Schüler schwierig machen, das Aikido zu verstehen. Der Zweck der Übung ist es, dass man Aikido Schritt für Schritt erleben soll. Daher ist es sinnlos, achtlos über den Höhepunkt des i-Deals zu sprechen. Es ist ähnlich wie ein Student, der sich selbst als intelligent hinstellen möchte und vor einem Grundschüler über seine Hochschulbildung prahlt ohne seinen Wert zu verstehen. Wenn man wirklich die höchsten Lehren seiner Vorgänger versteht, kann man tatsächlich ein Pferd zum Wasser führen, ohne Streitereien wegen solcher Prinzipien. Wir sollten nicht blind unseren Vorläufern folgen, sondern wir sollten versuchen, die Ursachen, Wirkungen und Prozesse der Dinge und ihre Ähnlichkeiten und Unterschiede durch Erfahrung zu entdecken. Aiki ist ein Mittel, das uns erlaubt, die Dinge richtig zu beobachten. Es ist nicht das Ziel des Aikis eine ideologische, alles wissende Art von Person zu schaffen.

(Herausgegeben von Ikuko Kimura und Stanley Pranin ins englishe übersetzt)
Übersetzung Carina
Aus Aikido Academy USA
Original Aikido Journal

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