Weiblicher Vorteil

Wenn der Sprachgebrauch es von mir erforderte, eine Geschlechtsbezeichnunganzugeben, habe ich konsequent das Maskulinumverwendet – „er“, „ihm“ und so weiter. Das bedeutet nicht, dass Aikido ausschließlich etwas für Männer ist oder ihnen näher liegt – überhaupt nicht. Das ist nur eine Vereinfachung,damit ich eine umständliche Schreibweise wie „er oder sie“, „ihm oder ihr“ vermeide. Aikido macht keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern – überhaupt keinen.Schon in ersten Jahren des 20. Jahrhunderts hatte Morihei Ueshiba mehrere weibliche Schüler, die unter gleichen Bedingungen wie die Männer und mit diesen trainierten und dieebenso imponierende Fertigkeiten erlangten. So ist das fortwährend.Beide Geschlechter trainieren uneingeschränkt miteinander und entwickeln ihre Fertigkeiten nach persönlichen Voraussetzungen,die nicht das geringste mit der geschlechtlichen Zugehörigkeitzu tun haben.Allerdings, wenn man verallgemeinern muss, so kann man vorsichtig sagen, dass eines der beiden Geschlechter einen gewissenVorteil, einen gewissen Vorsprung hat: die Frauen. Das beruhtauf der Natur des Aikido. Jungen und Männer haben die Gewohnheit,ihre Muskeln anzuspannen und sich mit Siegergelüsten und Trotz in den Kampf zu werfen. Das ist fern vom Ideal des Aikido. Frauen tendieren generell eher dazu, den weicheren Weg auszuprobieren, Nachgiebigkeit anstelle von Sturheit zu zeigenund lieber zu folgen als zu leiten. Das ist ein besserer Keimbodenfür hochstehendes Aikido.Obwohl sowohl in Japan als auch in Schweden Aikido von mehr Männern als Frauen ausgeübt wird, kann man oft diesen weiblichen Vorsprung in der Ausführung und Entwicklung sehen. Frauen haben selten das selbe Bedürfnis nach Selbstbehauptung,von dem Männer allzuoft beherrscht werden, und sie finden auf diese Weise den schnelleren Weg zu einem Aikido,das durchwirkt ist von Sanftheit, Generosität und Wohlwollen.Das ist ein strahlender Vorzug.Leider machen gewöhnlich dieselben Eigenschaften Frauenunwilliger als Männer, sich vor eine Gruppe zu stellen und zu unterrichten, so dass es von den Männern eine enorme Anstrengunger fordert, zu dieser zentralen Lehre zu gelangen und sie sichanzueignen. Um der Harmonie und des Gleichgewichts willen ist es wichtig, hellhörig für das Weibliche zu sein – in sich selbst,welchen Geschlechts man auch ist, und um sich herum.

von Stefan Stenudd

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