Der japanische Verlobte
Liebe in einem fremden Land
Im Alter von einundzwanzig Jahren ging Amélie Nothomb nach Japan und verliebte sich in einen Mann. Darüber hat sie einen wunderbar leichten autobiographischen Roman verfasst.
Von Zhe Weber
Im Alter von einundzwanzig Jahren ging Amélie Nothomb von Belgien nach Japan. Sie hatte sich vorgenommen, nach ihrem Studium in einen Konzern einzutreten und dort eine Stelle anzunehmen. Dass sie bei diesem Vorhaben scheiterte und zuletzt gezwungen war, nach Europa zurückzukehren, schilderte sie 1999 in ihrem autobiographischen Roman „Mit Staunen und Zittern“. Jetzt, nach gut zehn Jahren, erscheint ein Roman, der ebenfalls von ihren Erlebnissen aus jener Zeit berichtet. In anekdotischen Episoden erzählt „Der japanische Verlobte“ von ihrer Beziehung mit Rinri, dem Sohn eines Konzernchefs. Mit ihm lebte Amélie Nothomb in einer Beziehung, die zwar als sehr harmonisch, aber als nicht immer unkompliziert beschrieben wird. Kulturelle Unterschiede galt es da zu überwinden. Obwohl Amélie Nothomb selbst in Japan geboren ist und ihre Kindheit dort verbracht hat, sind ihr viele der japanischen Bräuche und Gewohnheiten fremd geblieben. Bereits der Titel bezieht sich auf das Gefühl des Fremdseins. „Ni d’Eve ni d’Adam“, so heißt die Originalausgabe, ist eine Redewendung, die sinngemäß übersetzt so viel heißt wie „einander wildfremd sein“.
Diese kulturelle Fremdheit macht sich bereits nach wenigen Seiten deutlich. Kurz nach ihrer Ankunft in Japan bietet Amélie Nachhilfeunterricht für Französisch an, um ihre eigenen Japanischkenntnisse zu verbessern. Ihr erster und einziger Schüler ist Rinri, ihr zukünftiger Freund. Zwar studiert dieser Französisch, doch seine Aussprache ist so undeutlich, dass er kaum zu verstehen ist. Amélie führt diesen Umstand auf den qualitativ mangelhaften Sprachunterricht an japanischen Schulen und Universitäten zurück. Ein Fortschritt lässt dementsprechend lange auf sich warten. Dennoch erweist sich Rinri als äußerst dankbar, nach jedem Treffen überreicht er ihr hochoffiziell einen roten Umschlag mit Geld. Auch in anderen Gesichtspunkten ist Rinri sehr mit den Traditionen seines Landes behaftet. Er stellt sie bei allen Freunden und Bekannten als seine „Meisterin“ vor, eben so, wie es sich für einen pflichtbewussten und wohlerzogenen jungen Mann aus Japan geziemt. Bei Amélie sorgt diese respektvolle Bezeichnung allerdings für Verwirrung.
Ihr Herz und seine Kochkunst
Nach mehreren Treffen kann er schließlich ihr Herz mit seiner Kochkunst erobern. Sie werden ein Paar. Doch wirklich verlieben wird sich Amélie in den drei Jahren, die sie zusammen mit Rinri verbringt, nicht. Vielmehr empfindet sie etwas, wofür es in den europäischen Sprachen keinen exakten Begriff gibt: Es ist eine Art freundschaftliche Liebe, die Amélie Nothomb dann auch mit dem japanischen Ausdruck „koi“ bezeichnet. Ihr Freund glaubt hingegen, bereits die Frau fürs Leben gefunden zu haben, und überredet sie dazu, sich mit ihm zu verloben. Doch Amélie musste bald erfahren, dass sie nicht überall willkommen ist. Vor allem Rinris Mutter macht ihr mehr als einmal klar, dass sie eine Ausländerin ist und bleiben wird.
„Der japanische Verlobte“ ist eine Liebeserklärung an das Land selbst, das sie mehr liebt als jedes andere. Dieses Gefühl wird besonders in den Szenen deutlich, in denen nicht Menschen, sondern die Natur im Mittelpunkt steht. Besonders Berge üben eine besondere Anziehung auf sie aus. Der Berg Fuji darf da nicht unerwähnt bleiben, der von den Einheimischen wie eine Gottheit verehrt wird und den jeder einmal erklommen haben muss, wenn man als echter Japaner gelten will. Auch sie besteigt ihn in Rekordgeschwindigkeit, wofür sie nicht nur die Bewunderung und das Staunen ihres Freundes erntet. Als sie auf einer späteren Wanderung, bei der sie allein unterwegs ist, in einen Schneesturm gerät und sich verläuft, ist der Berg ihre einzige Orientierungshilfe. Wie ein schützender Geist wacht er über sie und sorgt für ihre Sicherheit.
Aus:Faz.net
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