Spiegelung 1.Teil

Vor langer Zeit, wohnte einen Tagesausflug von der Stadt Kyoto entfernt, ein Mann von armer Intelligenz und Manieren, aber reich an Besitztum. Seine Frau, Gott hab sie selig, war vor vielen Jahren gestorben, und der gute Mann lebte in großer Ruhe und Frieden mit seinem einzigen Sohn. Sie hielten sich von Frauen fern, und wußten nichts von ihren Täuschungen oder Belästigungen. Zu Hause waren die Diener Männer und treu, und nie, von morgens bis abends, ruhten ihre Blicke auf ein Paar langen Ärmel oder auf einen scharlachroten Obi.

Die Wahrheit ist, dass sie sehr glücklich waren. Manchmal arbeiteten sie in den Reisfeldern. An anderen Tagen gingen sie Fischen. Im Frühjahr gingen sie aus, um die Blumen des Kirsch- oder Pflaumenbaumes zu bewundern, und in anderen Zeiten, machten sie sich auf dem Weg um die Lilien, Pfingstrosen oder Lotus zu sehen, je nach Zeit. Bei diesen Gelegenheiten tranken sie ein wenig Sake, und wickelte sich blaue und weiße Teneguia um ihre Köpfe und beschwipsten sich nach Lust, da niemand von ihnen das Gegenteil verlangte. Oft, kamen sie in der Nacht nach Hause. Sie trugen alte Kleider, und ihr Zeitplan zum Essen war sehr unregelmäßig.


Die Freuden des Lebens sind flüchtig – schade – und schließlich begann der Vater, das Gewicht des Alters zu fühlen. Eines Nachts, als er rauchte und seine Hände über der Glut wärmte, sagte er:

-Junge, es ist höchste Zeit zu heiraten.

– Die Götter sollten das verbieten! Rief der junge Mann. Vater, warum sagst Du so etwas Schreckliches? Oder ist das ein Witz? Ja, es muss ein Scherz sein.

-Kein Scherz , sagte der Vater. Ich habe noch nie so ernst gesprochen, und bald wirst Du merken warum.

Aber Papa, Frauen produzieren eine tödliche Angst in mir.

– Und passiert mir nicht das Gleiche wie Dir? Sagte der Vater. Es tut mir leid, mein Sohn.

Warum sollte ich heiraten? Fragte der Sohn.

-Nach den Gesetzen der Natur, werde ich nicht mehr lange leben, und Du brauchst eine Frau, die sich um Dich kümmert.

Bei diesen Worten quollen Tränen aus den Augen des Jungen, da er ein gutes Herz hatte, aber er sagte nur:

Ich kann mich perfekt um mich selbst kümmern.

Das ist genau das, was Du nicht kannst , sagte der Vater.

Das Ende des Ganzen war, dass sie eine Frau für den Jungen fanden. Es war eine sehr schöne junge Frau. Sie wurde Borla genannt, nichts mehr, oder Fusa, wie man in ihrer Sprache sagte.

Nachdem sie neun Mal zusammen angestossen hatten, und sie somit Mann und Frau waren, blieben sie alleine, und der Junge konnte den Blick nicht von dem Mädchen abwenden. Er hatte keine Ahnung, was er ihr sagen sollte. Er packte ihren Ärmel und streichelte ihn mit der Hand. Der junge Mann sagte immer noch nichts und sah sich selbst ziemlich albern. Sie wurde rot, dann blass und dann wieder rot und brach in Tränen aus.

-Geehrte Borla, weine nicht, um aller Götter Willen, sagte der junge Mann.

Ich nehme an, ich gefalle Dir nicht, schluchzte das Mädchen. Ich schätze, Du findest mich nicht schön.

Meine Liebe, sagte er, du bist schöner als die Blume der Bohne, die im Feld wächst, du bist schöner als die Bantam Henne dort auf der Farm, Du bist schöner als der rosa Karpfen im Teich. Ich hoffe, Du wirst glücklich mit meinem Vater und mir.

Bei diesen Worten lachte sie und trocknete sich die Augen.

-Hole Dir ein anderes Paar Hakama, sagte sie, und gebe mir die, die Du trägst, sie hat ein riesiges Loch. Ich konnte nicht aufhören es zu bemerken, während der Hochzeit!

Nun, das war kein schlechter Start, und zwischen diesem und jenem, kamen die beiden gut aus, aber natürlich waren die Dinge ganz anders als die glückliche Zeit, als der Junge und der Vater nie, von morgens bis abends, ihr Blick auf ein Paar langen Ärmel oder auf einem scharlachroten Obi warfen.

Im Laufe der Zeit nach den Gesetzen der Natur, starb der Alte. Es wird gesagt, dass er einen guten Tod hatte, und hinterließ einen Tresor, der seinen Sohn in den reichsten Mann der Umgebung machte. Aber das tröstete den armen Jungen nicht, der seinem Vater mit seinem ganzen Herzen nachweinten. Tag und Nacht ging er sein Grab besuchen. Er schlief und ruhte wenig, und schenkte seiner Frau noch ihren Launen oder den raffinierten Gerichten , die sie ihm vorsetzte, wenig Aufmerksamkeit. Er war dünn und blass, und sie, das arme Mädchen wusste nicht, was sie mit ihm machen sollte. Schließlich sagte sie zu ihm:

Liebling, wie wäre es, wenn Du einige Zeit, in Kyoto verbringen würdest?

– Und warum sollte ich dahin gehen? sagte er.

Die Antwort, die sie auf der Zungenspitze hatte, war: Zum Spaß, aber sie verstand, dass dieser Grund keine Wirkung haben würde.

Nun, sagte sie, wegen einer Art Pflicht. Man sagt, dass jeder Mann, der sein Land liebt, Kyoto sehen sollte, und so könntest Du auch einen Blick auf das, was man jetzt trägt werfen und mir sagen, wie sich die Frauen kleiden, wenn Du nach Hause kommst. Meine Kleider sind so altmodisch! Ich würde so gerne wissen, was die Menschen heute tragen!

Ich habe keine Lust, nach Kyoto zu gehen, sagte der junge Mann, auch wenn ich sie hätte, jetzt ist die Zeit der Reisverpflanzung, also werde ich nicht gehen, und damit basta.

Allerdings bittet der junge Mann nach zwei Tage seine Frau ihm sein bestes Hakama und haouri und ein Bento für eine Reise vorzubereiten.

Ich habe mir gedacht nach Kyoto zu gehen, sagt er.

Nun, was für eine Überraschung, sagt Frau Borla. Und was hat Dir diese Idee in Deinen Kopf gesetzt?

Ich habe nachgedacht es eine Art Pflicht, sagt der Junge.

Oh, geh, sagte Frau Borla, und hielt dann den Mund, da sie einen gesunden Menschenverstand hatte. Und am nächsten Morgen, als erstes, schickt sie ihren Mann nach Kyoto, und widmet sich der Reinigung des Hauses, für die sie zuständig war.

Der junge Mann machte sich auf den Weg, fühlte sich ein bisschen lebendiger, und brauchte nicht lange um nach Kyoto zu gelangen. Sicherlich sah er viele Dinge zum bestaunen. Er ging an Tempeln und Palästen vorbei. Er sah, Burgen und Gärten, und ging durch schönen Einkaufsstraßen, schaut sich alles mit offenen Augen an, und wahrscheinlich auch mit offenen Mund, da er ein einfacher Mensch war.

Eines Tages sah er einen Laden voller Metallspiegel die in der Sonne glänzten.

„Oh, was für schöne silberne Monde“, sagte der einfache Mann. Und er wagte hineinzugehen und einen Spiegel in die Hand zu nehmen.

Sofort wurde er weiß wie der Reis, und setzte sich auf den Sitz, der an der Tür des Ladens stand, noch mit dem Spiegel in der Hand und blickte sich in ihm an.

Nun, Vater,sagte er, wie bist Du hierher gekommen? Du bist also nicht tot? Jetzt müssen wir aber die Götter preisen! Allerdings könnte ich schwören, … Aber egal, da Du lebst und Du okay bist. Aber Du siehst ein wenig blass aus, aber wie jung Du bist. Du bewegst Deine Lippen, Vater, und scheinst zu sprechen, aber ich kann Dich nicht hören. Kommst du mit mir nach Hause, Vater, und lebst mit uns wie bisher? Du lächelst, lächle, das ist in Ordnung.

Fortsetzung folgt…

Lafcadio Hearn
Übersetzung Carina

Aus: Ciudad Seva

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