Wie werde ich so alt wie ein Japaner? 2.Teil

Geheimnis 2: Spiritualität

Das tut gut: Tokios ranghöchster buddhistischer Mönch rät zur Konzentration auf sich selbst
»Wenn der Geist gerade sitzt, dann sitzt auch der Körper gerade« (buddhistische Weisheit) Die Menschen verneigen sich, wenn sie Kosho Shimizudani begegnen. Er ist Tokios ranghöchster buddhistischer Mönch, und man trifft ihn normalerweise auf dem Gelände des Senso-ji-Tempels im alten Stadtteil Asakusa, dem heiligsten Ort in der japanischen Hauptstadt.

Heute sind viele Schulklassen hier. Die Kinder laufen zum Joukoro, dem Weihrauchbrenner, einer Art Riesenkessel. Sie fächeln sich den Rauch zu, der Gesundheit verspricht. Shimizudani geht zu den Kindern. Er trägt einen schwarzen Kimono, eine Seidenschärpe, in der Hand streichelt er den Juzu, den Rosenkranz der Buddhisten. Wir halten ihn auf: „Dürfen wir ein Foto von Ihnen machen?“ – „Warum?“ – „Wir kommen aus Deutschland und recherchieren, wieso die Japaner so alt werden. Eine alte Frau im Tempel erzählte uns, Sie seien schon sehr lange hier und sehr alt“ – „Ich bin 93 Jahre“ – „Wie wird man so alt?“ – „Konzentrieren Sie sich und hören Sie genau hin!“ – „Ja, gern.“ Pause. „Aber Sie sagen ja gar nichts!“ – „Sie sollen nicht mir zuhören, sondern sich selbst. Konzentrieren Sie sich auf sich selbst. Das tut Ihrem Leben gut.“ Shimizudani lächelt, lässt sich fotografieren, dann geht er zu den Kindern.
Geheimnis 3: Fisch

Fisch ist neben Reis Japans Nahrungmittel Nummer eins und offenbar ein Grundstein für ein langes Leben
»Ein Japaner verzehrt jährlich etwa 66,3 Kilo Fisch und Meeresfrüchte, ein Deutscher nur 14,9 Kilo« Fünf Uhr früh, auf dem Tokioter Fischmarkt Tsjukiji beginnt die Tunfischversteigerung. In drei Hallen und langen Reihen liegen fangfrische Fische da, jeder 25 bis 350 Kilo schwer, mehr als 300 Tonnen, silbern glänzend, den Bauch aufgeschnitten, ausgenommen, die Schwanzflosse im Maul. Rote und gelbe Schriftzeichen auf ihren Leibern verraten Herkunft und Gewicht. Der Auktionator ruft sie im schrillen Singsang auf, nach dem Zuschlag ertönt eine Glocke. Zuvor hatten die Händler Zeit, die Qualität der Tunfische zu prüfen.

Nach 1 Stunde ist alles vorbei. Hunderte Fische sind verkauft, die letzten werden gerade verladen. Die Händler eilen in die Hallen sieben bis 12, da beginnt die Versteigerung der gefrorenen Tunfische. Noch mal 400 Tonnen. Das gleiche Prozedere von vorn.

Draußen sind inzwischen die Marktstände aufgebaut: Fische und Meeresfrüchte in allen Größen und Farben, die meisten lebend, Krebse mit gigantischen Beinen, fußballgroße Muscheln, Berge von Algen, Bottiche voller Aale, Aquarien voller Kraken. Hier wird alles verkauft, was das Meer hergibt. Teruo Watanabe (66) hat einen der spektakulärsten Stände auf dem Markt. Er sortiert gerade Seeigel nach ihrer Größe. „Sehen Sie“, sagt er, „unser Land besteht aus fünf Inseln, die alle vom Ozean umgeben sind. Da liegt es doch nahe, dass wir uns aus dem Meer ernähren. Dass uns der Fisch ein langes Leben schenkt, ist eher Zufall.“

Im Vergleich mit uns essen die Japaner mehr als viermal so viel Fisch und Meeresfrüchte, viermal so viel Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D, die vor Krebs schützen, und viermall so viel Jod, das die Schilddrüse stärkt. Fisch ist in Japan neben Reis das zentrale Nahrungsmittel. Es gibt ihn zum Frühstück, mittags, abends. Roh, gegrillt, gekocht, eingelegt. Und wer am Abend knabbert, der greift zum Sesam-Sardinen-Mix.
Autor:Jan Spielhagen
Aus: MensHealth.de

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